DI.A 2022 Archive | E-MOUNTAINBIKE Magazine https://ebike-mtb.com/category/di-a-2022-2/ The leading E-Mountainbike Magazine Thu, 26 Dec 2024 10:00:41 +0100 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.1.7 Biken zwischen Himmel und Erde – Aktiv-Urlaub in Olang https://ebike-mtb.com/aktiv-urlaub-in-olang-di-a-2022/ Fri, 11 Nov 2022 08:59:30 +0000 https://ebike-mtb.com/?p=108382 108382 Hohe Berge oder tiefgründige Seen? In die Pedale treten oder einfach nichts tun? In Olang finden Aktivurlauber die schönsten Voraussetzungen, um eine unvergessliche Zeit zu erleben. Wir haben auf unserer Trekkingtour eine Region voller fabelhafter Gegensätze entdeckt und nebenbei die Hochzeit von Gravel- und Trekking-Bikes gefeiert.

Wer die 3.200-Seelen-Gemeinde Olang im Herzen des Naturparks Fanes-Sennes-Prags besucht, den überkommt schnell eine magische Gelassenheit. Malerische Landschaften, stille Wälder und grüne Wiesen, umgeben von eindrucksvollen Bergen und den Gipfeln der Dolomiten, laden ein, entdeckt zu werden. Es ist wie das verblüffend harmonische Zusammenspiel von Yin und Yang, den beiden Gegensätzen aus der asiatischen Philosophie, die erst zusammen eine perfekte Einheit bilden. Und genau so geht es einem in der Region von Olang. Das Gesamtpaket aus Sport und Erholung, Höhen- und Tiefenmetern, Himmel und Erde macht aus dieser Urlaubsdestination eine im wahrsten Sinne des Wortes sagenhafte Reise.

Der Pragser Wildsee – Geprägt von Mythen, Sagen und Instagram!

Durch einen Murenabgang entstand vor langer Zeit, auf fast 1.500 m Meereshöhe, der Pragser Wildsee – so die offizielle wissenschaftliche Version. Der Sage nach schürften einst Wilde in den Bergen nach Gold und Edelsteinen. Die ansässigen Hirten versuchten daraufhin, die Schätze den Wilden zu rauben. Deshalb öffneten die Wilden die unterirdischen Quellen und versenkten all ihren Reichtum in dem daraus entstandenen See. Angeblich kann man mit einem Boot das unterirdische Reich der Fanes erreichen. Denn das Tor zur Unterwelt befindet sich wohl am Südende des Sees, wo der imposante Seekofel mit fast 3.000 m den Pragser Wildsee überragt. Kein Wunder, dass der See, gerade im Hochsommer, ein wahrer Besuchermagnet geworden ist. Der Zugang für Autos ist dann allerdings limitiert. Am besten, man besucht den See mit dem Fahrrad, idealerweise frühmorgens oder am späten Nachmittag oder Abend, im warmen Licht der untergehenden Sonne. Dann kann man die einsame Idylle, die man auf Insta #lagodibraies sieht, auch live erleben.

Dem Himmel entgegen – Eine Trekkingtour der anderen Art

Es gibt viele Möglichkeiten, die sagenhaften Landschaften rund um Olang zu entdecken. Mit die Schönste ist die auf 2 Rädern. Aber auch da hat man die Qual der Wahl: Von Olang aus kann man zahlreiche Kilometer auf traumhaften Pässen mit dem Rennrad abspulen – Stichworte wie Drei Zinnen, Valparola oder Maratona dles Dolomites lassen Roadie-Herzen höherschlagen und auch der lokale Furkelpass ist immer eine Ausfahrt wert und kann mit einem Ausflug in das mystische Tal nach Pederü verbunden werden. Airtime, Gnar und Shred finden Mountainbiker auf den vielfältigen Trails rund um den Kronplatz. Wir hatten uns zu einer Trekkingtour der besonderen Art entschieden: Eine gemischte Gruppe aus Gravel-Bikern und E-Mountainbikern. Wie das geht? Und passt das überhaupt zusammen? Unser Selbstversuch zeigt: Es geht sehr wohl und macht auch richtig Spaß! Wieder so eine Erkenntnis, wenn aus vermeintlichen Gegensätzen ein großes Ganzes entsteht.

Das Gravel-E-MTB-Mixed-Team

Wo, wenn nicht in dieser grandiosen Landschaft, kann man das vermeintlich Unmögliche möglich machen? Gravel und E-MTB, gemütlicher Freizeit-Fahrer und ambitionierter Rennradfahrer, Altersstufen zwischen Mitte 20 und Mitte 60? Die Lösung ist ganz einfach: Die einen fahren mit einem E-Mountainbike, die anderen starten auf Gravel-Rädern zu einer gemeinsamen Tour hoch zur Brunstalm. Ihr seht: Die Trekking-Revolution ist in vollem Gange und verheiratet Gravel und E-MTBs mit einem gemeinsamen Spirit!

Gravel versus E-Mountainbike – In Olang läuft alles zusammen!

Egal, ob Gravel oder E-Mountainbike, Bruneck ist der ideale Startpunkt für die gemeinsame Tour. Natürlich darf der obligatorische Aperol nicht fehlen, aber dann kann es auch schon losgehen: 1.200 Höhenmeter liegen vor uns und wir starten den Gravel-E-MTB-Selbstversuch. Ohne Konkurrenzkampf oder Zeitvorgaben, immer mit dem Ziel, den größtmöglichen Spaß zu haben. Dazu gehört, immer offen für Neues zu sein, nicht nur Kilometer abzuspulen, sondern auch mal links und rechts des Weges neue Eindrücke zu sammeln: Ein Shetlandpony und ein Esel kreuzen unseren Weg, neugierige Blicke folgen uns, wir kommen ins Gespräch. Hier oben genießt man nicht nur traumhafte Aussichten, man findet auch Freilandhühner, Eigenanbau und Menschen, die im Einklang mit der Natur und ihren Tieren leben – man nennt die Gegend übrigens die Beverly Hills von Olang, so wird uns erzählt.

Kleine Entdeckungen links und rechts des Weges.

E-MTB versus Gravel: verschiedene Konzepte – ein Ziel.

Nach den ersten Höhenmetern wird klar: Es funktioniert zusammen erstaunlich gut. Die grobstolligen Gravelreifen kommen mit dem schottrigen Forstweg hervorragend klar. Die E-Mountainbikes sowieso. Zur Halbzeit sind die Freizeitfahrer auf den E-Mountainbikes froh, Unterstützung zu haben und bewundern heimlich die Kollegen auf den Gravelbikes, die mit purer Muskelkraft Serpentine für Serpentine den Forstweg durch den Wald hochtreten. Nach zwei Stunden lichtet sich der Wald, der Himmel öffnet sich weit und wir erreichen die Brunstalm. Gleichzeitig zeigt sich ein atemberaubender Blick auf die Olanger Dolomiten, mit dem Hochalpenkopf, dem Maurerkopf, der Dreifingerspitze und dem Piz da Peres. Von hier aus kann man weiterfahren zum Pragser Wildsee oder auch einkehren und die köstlichen Hüttengerichte und Südtiroler Spezialitäten genießen. Wir wollen im letzten Sonnenlicht weiter und machen noch Erinnerungsfotos von dieser überraschend gelungenen Mixed-Gravel-E-Mountainbike-Trekkingtour.

Olang ist das Eldorado für einen aktiven (Fahrrad-)Urlaub. Egal, ob Einsteiger oder Sportler: Mit der Wahl des passenden Bikes können auch gemeinsam Touren unternommen werden. Ideal also für große Familien oder einfach gute Freunde. Die Vielzahl an Aktivitäten und Freizeitmöglichkeiten machen Olang zu einer perfekten Destination, um sich auszupowern und anschließend zu entspannen. Ein märchenhafter Urlaub in einer Region voller spannender Gegensätze.

Weitere Infos findet ihr unter Olang.com

Der Beitrag Biken zwischen Himmel und Erde – Aktiv-Urlaub in Olang erschien zuerst auf E-MOUNTAINBIKE Magazine.

]]>
Bike-Kategorien neu denken – Von Spezialisten und Allround-Talenten https://ebike-mtb.com/bike-kategorien-neu-denken-trends-2022/ Thu, 11 Aug 2022 07:00:32 +0000 https://ebike-mtb.com/?p=105897 105897 Trekking, City, MTB, Aero, Damen, Herren und Co. – viele Fahrrad-Kategorien haben sich längst in den Köpfen der Fahrradfahrer*innen, aber auch der Industrie eingebrannt. Zu Unrecht! Denn die innovativsten Bikes des Jahres vereinen widersprüchliche Eigenschaften und überzeugen in einer Vielzahl von Anwendungsbereichen.

Bikes müssen kategorisiert werden, oder? Um Orientierung zwischen den unterschiedlichen Bike-Arten zu liefern, haben sich über die Jahre halbwegs feste Rubriken entwickelt, in die man die Modelle einteilen konnte. Doch mit den Kategorien Trekking, Mountainbike, Road, Aero und Co. lässt sich der Markt – so zumindest der Anschein – nicht mehr ausreichend differenzieren. Die vermeintliche Lösung: Die Bikeindustrie verliert sich in immer tieferen Sub- und Subsubkategorien und Produkten, die angeblich perfekt sind für einen spezifischen, sehr schmalen Einsatzbereich. Das führt nicht nur bei der Kundschaft zu Verwirrung und Frustration bei der Kaufentscheidung. Denn die realen Einsatzbereiche der Biker*innen liegen mit ein und demselben Produkt in einer Vielzahl ganz unterschiedlicher „Kategorien“. Die besten Produkte des Design & Innovation Award 2022 zeigen, dass sie – zur Freude aller – einen noch viel breiteren Einsatzbereich abdecken als vom Hersteller angepriesen oder von der Kundschaft zunächst angenommen. So haben nicht nur die traditionellen Bike-Kategorien, sondern auch ihre nachgestellten Sprösslinge zur Beurteilung und Einordnung von Bikes ausgedient. Es ist an der Zeit, Bike-Kategorien neu zu denken!

Tourenfreude und Downhillspaß in einem: Das Mountainbike

Jeder Trail ist einzigartig und jede Mountainbike-Tour stellt ihre ganz eigenen Anforderungen an die Biker*innen und ihre Bikes. So entwickelten sich in der Vergangenheit Spezialisten wie Downhill-, Touren-, Enduro- oder Cross-Country-Bikes. Die besten und vielseitigsten Mountainbikes schaffen es jedoch schon lange, in einem viel breiteren Spektrum richtig viel Fahrspaß zu vermitteln, und werden 2022 dank innovativer Technologien noch mal um ein Vielfaches besser: Strom ist das Stichwort!
Das elektronische vollautomatische RockShox Flight Attendant-Fahrwerk erweitert den Einsatzbereich abfahrtsorientierter Bikes enorm und kitzelt ohne Ende Effizienz und Vortrieb aus der Hinterbaukinematik. Das Fahrwerk lässt sich individuell an die Vorlieben der Fahrenden anpassen. Dadurch hilft es ehemaligen Freeride- und Enduro-Spezialisten, aus ihren jeweiligen Subkategorien auszubrechen – so überzeugen sie plötzlich als Mountainbikes mit klasse Allround-Eigenschaften in jedem Terrain und liefern obendrein enorme Sicherheitsreserven in der Abfahrt.
Genau das schafft auch das Specialized S-Works Kenevo SL, setzt aber statt auf ein elektronisches Fahrwerk auf einen kompakten, unauffälligen und sparsamen Mittelmotor, der die Person auf dem Sattel mit 35 Nm Drehmoment unterstützt. Kombiniert wird der Motor mit einem smarten, modularen Akkusystem, dessen Kapazität sich an die Tourenplanung anpassen lässt. Dabei wiegt das Bike nur wenig mehr als sein analoges Pendant, das Specialized Enduro. Dadurch und durch das natürliche Fahrverhalten des Specialized SL 1.1-Motors verschwimmen nicht nur die Grenzen zwischen den Subkategorien Gravity und Tour, sondern auch die zwischen elektronischen und analogen Mountainbikes. Für die Jury steht fest: Das Kenevo SL ist ein perfekt umgesetzter Vorreiter des Mountainbikes der Zukunft.

Pink it and shrink it? Das Geschlecht hat als Bike-Kategorie ausgedient

Das Geschlecht und das Alter geben bei vielen Herstellern traditionell das angeblich geeignete Bike-Modell vor. Doch die persönlichen Vorlieben und vor allem der angestrebte Einsatzzweck sollten die entscheidenden Kriterien sein, nach denen man ein Bike in Betracht zieht. Das potente und gleichzeitig vielseitig einsetzbare SIMPLON Rapcon macht der Branche vor, wie es geht: Statt auf spezielle Modellvarianten für Männer und Frauen zu setzen, passt der Hersteller die Kinematik des Hinterbaus und die Kettenstrebenlänge an die Rahmengrößen an. Besonders kleine und vermeintlich leichte Fahrer*innen können bei einer kleinen Rahmengröße den Federweg gut ausnutzen, während besonders große und schwerere Fahrer*innen ausreichend Reserven geboten bekommen, um nicht harsch durchzuschlagen.
Ebenfalls geschlechtsneutral ist das QiO EINS P-5, das sich in wenigen Handgriffen auf fast jede Körpergröße einstellen lässt. Der tiefe Einstieg erhöht dabei den Komfort für alle Nutzer*innen und sorgt obendrein für Sicherheit und Bewegungsfreiheit, wenn es im Asphaltdschungel mal zu einer Gefahrensituation kommt.

Gravel: Von der Subkategorie zum perfekten Allrounder

Wenn Vielseitigkeit einen zweiten Vornamen hätte, dann wäre es „Gravel“. Die früher oft missverstandene Subkategorie von Bikes mit Rennlenkern zeigt 2022 mit unglaublich vielseitigen und dennoch performanten Produkten, dass sie DAS FAHRRAD schlechthin ist. Bikes wie das BMC URS LTD werfen konventionelle, traditions- und kategorienfixierte Konzepte über Bord und kombinieren die besten Eigenschaften aller Kategorien in einem Produkt: Full Suspension für Komfort und Traktion aus dem MTB-Bereich, zahlreiche Sitzpositionen aus dem Road-Bereich und Staumöglichkeiten wie am Trekking-Bike. Egal ob auf der Straße, beim Pendeln, beim Bikepacking oder auf einfachen Singletrails: Das BMC URS LTD kann überall überzeugen und ist somit das perfekte Produkt für enorm viele Biker*innen, die ein und dasselbe Bike auf ganz unterschiedliche Art und Weise nutzen möchten. Auch das Wilier Rave SLR lässt sich nicht in eine Schublade stecken und macht sowohl auf der Forststraße als auch auf dem Asphalt eine überragende Figur. Der Clou: Für keinen der beiden Einsatzzwecke geht es dabei spürbare Kompromisse ein. Stattdessen ist es sowohl ein Performance-Bike für die Straße als auch ein Spezialist für Schotterabenteuer. Genial!

Trekking ist tot, lang lebe Trekking!

Wo wir gerade dabei sind, uns von überholtem Schubladendenken zu verabschieden: Wir sollten dringend auch Trekking-Bikes neu denken. Die traditionellen Ansätze mit komfortabler Sitzposition und schnell rollenden, schmalen Reifen haben ausgedient. Warum? Ein E-Mountainbike-Motor schafft es in Kombination mit den großen Akkus der neuesten Generation über lange, wirklich lange Strecken zu unterstützen. Die Bedeutung vom Rollwiderstand und der Effizienz des Trekking-Rads treten dadurch in den Hintergrund und werden vor allem vom Alltagsnutzen und dem Komfort der E-MTBs ausgestochen. Voll ausgestattete E-Mountainbikes schaffen es nicht zuletzt dank einer ordentlichen Portion Federweg und extra voluminösen Reifen, die traditionellen Trekking-Bikes aus dem Markt zu verdrängen. Der Einsatzzweck bleibt dabei im Kern derselbe, wird aber von einem viel universelleren Bike abgedeckt. Auch das VAAST E/1 nutzt viele E-Mountainbike-Elemente: einen kraftvollen Motor, einen vollgefederten Hinterbau und breite Reifen. Dazu kommen noch eine ausgeklügelte Alltagsausstattung und ein super komfortabler tiefer Durchstieg. Durch all das kann es in fast jedem Szenario überzeugen, vom Pendeleinsatz in der Innenstadt über den Fernreiseradweg bis hin zum Gravel-Abenteuer. So geht Trekking heute!

Spezialisten sind in ihrer Kategorie dennoch das Nonplusultra

Obwohl viele der innovativsten Bikes 2022 noch vielseitiger sind und noch universeller eingesetzt werden, stellen Spezialisten in einigen sehr sportlichen Disziplinen nach wie vor die Speerspitze des technisch und technologisch Möglichkeiten dar. Eine reinrassige Rennmaschine wie das MERIDA SCULTURA TEAM ist schon im Serienzustand bereit für den Kampf um das gelbe Trikot. In Sachen Speed und Performance ist sie auf glattem Asphalt das Nonplusultra und prägt so die Entwicklung des Straßenrennsports maßgeblich mit. Obwohl das MERIDA eindeutig auf hohe Performance spezialisiert ist, wagt es selbst dieses Bike, sich etwas breiter aufzustellen. So glänzt es für ein Race-Bike mit einem sehr hohen Maß an Komfort und macht entsprechend auch auf sportlichen Touren eine gute Figur. Spezialisten bleiben in ihrem Spezialgebiet also oft Trumpf. Doch dieses Beispiel zeigt uns, dass auch sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten breiter aufstellen können.

Die meisten Bikes haben es nicht mehr nötig, sich einer Kategorie zuzuordnen

Die Bikeindustrie entwickelt ihre Produkte mit enormer Geschwindigkeit und implementiert neue Technologien und Innovationen innerhalb kürzester Zeit in ihren Produkten – sowohl mit als auch ohne Motorunterstützung. So sind die heißesten Bikes 2022 bereits um einiges potenter als ihre nur wenige Jahre älteren Äquivalente und Vorgänger. Kategorien und Einordnungen, die den Markt noch vor einigen Jahren aussagekräftig differenzieren konnten, haben heute zur Klassifizierung der meisten Bikes ausgedient. Viel wichtiger als die Frage nach dem Federweg, dem Gewicht oder der Akkukapazität ist die Frage: Von wem, wie und wo wird das Bike eingesetzt? Ein Großteil der Fahrradfahrer*innen nutzt das Bike in einer Vielzahl von Einsatzszenarien, die oftmals konträr zueinander stehen. Die besten Bikes des neuen Modelljahrs schaffen es, eben solche konträren Bedürfnisse in nur einem Produkt ideal zu vereinen. Je breiter der tatsächlich sinnvolle Einsatzzweck eines Bikes ist, desto mehr Nutzer*innen kann es glücklich machen. Nur wer sein Sportgerät ausschließlich in einer ganz spezifischen Kategorie – wie z. B. im Mountainbike-Downhill-Einsatz – nutzt, fährt 2022 mit spezialisierten Bikes der Subkategorien besser.

Einige Bike-Kategorien wird es auch in Zukunft noch geben und das ist gerade im sportiven Wettkampfeinsatz gut so. Doch anstatt den Markt mit vermeintlichen Spezialprodukten immer feiner auszudifferenzieren, tut die Industrie gut daran, Bikes kategorieübergreifender aufzustellen. Nur so kann man den anhaltenden Bike-Boom und die tatsächlichen Bedürfnisse der Bike-Fans bedienen. Denn viele Gewinner des Design & Innovation Award 2022 lassen sich gar nicht erst in Schubladen stecken!

Der Beitrag Bike-Kategorien neu denken – Von Spezialisten und Allround-Talenten erschien zuerst auf E-MOUNTAINBIKE Magazine.

]]>
Megatrend Nachhaltigkeit: Augenwischerei oder klare Innovation? – Maßnahmen und Chancen für die Bike-Branche https://ebike-mtb.com/nachhaltigkeit-trends-2022/ Tue, 26 Jul 2022 08:30:52 +0000 https://ebike-mtb.com/?p=105817 105817 Nachhaltigkeit ist einer der Megatrends des 21. Jahrhunderts. In diesem Trend-Artikel zeigen wir Potenziale für die Bike- und Outdoor-Branche auf, sprechen über Greenwashing und Fails wie Ozean Plastik, sowie spannende neue Technologien. Zudem geben wir Impulse, mit denen wir jetzt eine bessere Zukunft gestalten können!

  1. Die Crux: Wie ist Konsum mit „gutem“ Gewissen möglich?
  2. Besser zu sein, reicht nicht – der Irrglaube der Bike-Welt
  3. Der Spagat der Bike-Industrie: Maximale Performance oder Nachhaltigkeit?
  4. Wie neue Entwicklungsschwerpunkte die Bike-Welt voranbringen und für mehr Fahrspaß und Kundenzufriedenheit sorgen können
  5. Nachhaltigkeit braucht neue Geschäftsmodelle
  6. Standards sind die neue Innovation – mehr Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Recycling
  7. Recycling und Ressourcenschonung: Circular Economy und Cradle-to-Cradle
  8. Nachhaltigkeit hat ihren Preis

Nachhaltigkeit ist in aller Munde – es gibt kaum eine Marke, die sich nicht gerne damit schmückt, indem sie „sich engagiert“ oder „auf dem Weg in eine bessere, grünere Zukunft ist“. Aber Vorsicht! Kaum ein Begriff wird von Politik, Marken und auch Konsumenten stärker verzerrt oder gar missbraucht. Natürlich gibt es auch viele tolle Initiativen und Lösungen, doch zwischen viel Greenwashing und Augenwischerei sind die wirklich nachhaltigen Lösungen oftmals kaum ersichtlich. Das mag daran liegen, dass sie kommunikativ wenig spektakulär oder die Zusammenhänge zu komplex sind, um sie in einer einfachen Botschaft zu verpacken. Beim Design & Innovation Award 2022 wurden ein paar pseudo-grüne Produkte eingereicht, aber auch einige sehr innovative und nachhaltige Produkte mit konkretem Mehrwert, welche die Award-Jury überzeugen konnten und eine spannende Rolle in den nächsten Jahren in der Bike- und Outdoor-Welt einnehmen werden!

Die Crux: Wie ist Konsum mit „gutem“ Gewissen möglich?

„Hergestellt aus Ozeanplastik“, „Enhanced Recycling“ – was einige Big Player verkünden, klingt wie der wahrgewordene Traum vieler Umweltschützer: Equipment, Verpackungsmaterialien und Kleidungsstücke aus recycelten Materialien, ohne Performance-Einbußen, aber dafür mit dem Versprechen, dass neue Produkte kreiert und gekauft werden können, ohne dabei neue Ressourcen zu verbrauchen. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ja, das ist es auch! Leider suggerieren aktuell viele Marken eine Nachhaltigkeit, die in der Realität noch nicht gegeben ist. Gerade im Fast-Fashion-Bereich setzen viele Marken noch einen drauf und vermitteln, dass man der Umwelt Gutes tut, je mehr Produkte man ihnen abkauft. Dabei haben bereits unzählige Wissenschaftler und Studien bewiesen, dass gerade die Verwendung von Ozean Plastik kaum mehr als ein Marketinggag ist. Häufig stecke nicht mal mehr als ein Prozent Plastikmüll aus dem Ozean in den neuen Produkten, weil das Recycling (noch) zu kosten- und energieintensiv sei. Eine bewusste Irreführung des Verbrauchers.

Leider suggerieren aktuell viele Marken eine Nachhaltigkeit, die in der Realität noch nicht gegeben ist. Im Greenwashing-Trubel der Nachhaltigkeit passieren viele paradoxe Dinge.

Aber nicht nur die schnelllebige Textilindustrie ist pfiffig, wenn es mit ungefähren Angaben darum geht, dem Konsumenten ein gutes Gewissen, ja manchmal gar eine moralische Überlegenheit zu vermitteln. Im Greenwashing-Trubel der Nachhaltigkeit passieren viele paradoxe Dinge. Ein greifbares Beispiel aus dem Automobilbereich: Neuwertige Autos, die noch lange nicht ihre Halbwertszeit überschritten haben, werden verschrottet, um Platz für das noch „grünere“ Auto zu machen. Der zusätzliche Verbrauch an Ressourcen, um das Hightech-Auto überhaupt herzustellen plus die ökonomischen Opportunitäten, die dadurch entstehen, dass das bestehende Auto lange vor seinem “Lebensende” verschrottet wird, werden dabei meist nicht beachtet. Hinzu kommt, dass dieses neue Auto mit noch mehr Technologie und noch mehr Features cleverer, sparsamer und umweltschonender sein soll. Dabei ist es in der Realität meist fehleranfälliger, schlechter reparierbar und aufgrund der komplexen Software- und Hardware-Technik selten über einen längeren Zeitraum in Gebrauch. Gerade im Software- und Connectivity-Bereich sind die Entwicklungssprünge derart groß und disruptiv, dass „ältere“ Produkte schon nach wenigen Entwicklungszyklen und entsprechend kurzen Zeiträumen nicht mehr upgedatet und nur noch eingeschränkt genutzt werden können.

Natürlich ist ein ressourcenschonend hergestelltes Produkt besser als ein ressourcenintensives Produkt. Aber ein recyceltes Produkt oder ein neu hergestelltes, nachhaltiges Produkt ist selten besser für die Umwelt als eines, das man bereits besitzt. Soll heißen: Wer „nachhaltig“ will, muss auf weit mehr achten als den Rohstoffverbrauch und die eingesetzten Materialien.

Das beste, was wir meistens machen können, ist, ein Produkt so lange wie möglich zu nutzen und richtig instand zu halten.

Für nachhaltigen Erfolg ist ein ganzheitlicher Ansatz wichtig: von der Herstellung und Produktion, über Transport, Packaging, Nutzungsverhalten, Reparierbarkeit und Nutzung(sdauer) bis hin zum Recycling. Doch davon sind die meisten Marken noch meilenweit entfernt. Übrigens genauso wir als Konsumenten, die nach wie vor lieber billig und zweimal kaufen als einmal auf richtige Qualität zu setzen und die Produkte gewissenhaft zu warten, instandzuhalten und zu pflegen. Die uns über viele Jahrzehnte anerzogene Konsum- und Wegwerfmentalität können wir nicht vom einen auf den anderen Tag ändern, dafür sitzt sie zu tief. Aber wir können sie dennoch ändern!

Es braucht zwangsläufig eine vom Endkonsumenten geänderte Nachfrage, die mittel- und langfristig Einfluss auf das Angebot hat. Deshalb ist das beste, was wir meistens machen können, ein Produkt so lange wie möglich zu nutzen und richtig instand zu halten – und zwar idealerweise eines, das wir bereits besitzen! Und falls wir das noch nicht tun, sollten wir uns beim Kauf nicht von günstigen Angeboten, Billigprodukten oder teuren grünen Verpackungen mit zahlreichen Nachhaltigkeitsversprechen locken lassen. Vielmehr ist es wichtig, sich richtig über das Produkt zu informieren und auf Qualität, Halt- und Reparierbarkeit wert legen, um eine möglichst lange Nutzungsdauer zu avisieren. Auch wenn niedrige Preise und Aktionen erst einmal verlockend erscheinen, zahlt man – und die Umwelt – mittelfristig meist mehr, da man aufgrund kürzerer Lebensdauern ständig nachkaufen oder teure Reparaturen durchführen muss.

Für mehr Nachhaltigkeit müssen wir nicht zum Mond fliegen oder auf Übermorgen warten – mit kleinen Veränderungen können wir als Konsumenten genauso wie die Outdoor- und Bike Industrie bereits viel bewirken

Auch wenn es verlockend erscheinen mag: lasst euch nicht von Marketing-Versprechen blenden. Insbesondere die CO2-Kompensation sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass faktisch Ressourcen verbraucht werden und in manchen Fällen kann selbst der Anbieter die tatsächliche Kompensation nicht einmal belegen. Die gute Nachricht: Einige visionäre Unternehmen tüfteln schon an neuen Fertigungsverfahren, die technologisch, ökonomisch und ökologisch bei Weitem die aktuellen Methoden übertreffen. Doch auch ohne Innovationen und neue Fertigungsverfahren lässt sich bereits vieles bewirken, indem Hersteller einen Paradigmenwechsel in ihren Produktentwicklungen sowie Vermarktungsstrategien vollziehen.

Besser zu sein, reicht nicht – der Irrglaube der Bike-Welt

Bei einigen CEOs der Bike-Welt herrscht nach wie vor der Irrglaube, man sei bereits deshalb nachhaltig, weil Bikes Autos ersetzen können und damit per se besser für Umwelt und Klima seien. Das gilt auch für viele leidenschaftliche Biker, die über SUVs fluchen, dann aber im ähnlich großen und ähnlich spritverbrauchenden Van Tausende Kilometer in den Bike-Urlaub fahren. Keine Sorge: Wir wollen hier weder haten noch und den Spaß im Leben verbieten. Schließlich shredden wir genauso gerne Trails in Finale Ligure, knallen mit dem Carbon-Rennrad über die epischen Straßen von Mallorca oder nutzen beim Städtetrip in Zürich gerne die unterschiedlichsten Mobilitätsangebote. Es geht nicht darum, den Konsum und Ressourcenverbrauch zu diabolisieren, sondern vielmehr zu reflektieren und anzuerkennen, was schlichtweg die Realität ist.

Das Fahrrad in all seinen Facetten ist für viele nicht nur ein Fortbewegungsmittel, sondern vor allem ein Hobby. Beides ist für den Menschen gleichermaßen wichtig – einmal um zum Beispiel zur Arbeit zu kommen oder Lebensmittel einzukaufen, im anderen Fall als sportliche Betätigung für Spaß und Lebensfreude und damit auch für die mentale und körperliche Gesundheit.

Damit besitzt das Fahrrad eine zentrale Funktion in der Gesellschaft und im Alltag vieler Menschen und bietet den Vorteil, dass die Nutzung beispielsweise im Vergleich zum Auto sehr ressourcenschonend ist. Das Problem ist jedoch, dass viele Bike-Produkte so konstruiert sind, dass der Verschleiß – und damit der Ressourcenverbrauch – deutlich höher ausfällt, als er müsste. Das gilt nicht nur für billige (E-)Bikes, sondern auch für die ultimativen High-End-Bikes, die kompromisslos auf maximale Performance getrimmt sind. Ein Produkt für den konsequenten Renneinsatz ist logischerweise nicht für den Alltagseinsatz konstruiert. Die Krux hierbei: Sex Appeal, Begehrenswürdigkeit und Präsenz im Marketing der Brands sind eben bei genau diesen Produkten am größten, obwohl sie im Anwendungsbereich ein absolutes Nischendasein fristen.

Der Spagat der Bike-Industrie: Maximale Performance oder Nachhaltigkeit?

Ob MTBs, E-Mountainbikes oder Rennräder – nach wie vor kämpfen die Entwicklungs-, Marketing- und Verkaufsabteilungen der Hersteller um Superlative. Seit Jahrzehnten ist die Bike-Welt auf Performance versessen. Alle wollen schneller, höher, weiter, leichter, effizienter und in letzter Zeit auch spaßiger. Aber was, wenn der Fun bei einem Defekt nach einigen Monaten – oder sogar Tagen – ganz schnell zu Ende ist? Was, wenn das 15.000-€-Rennrad bereits nach kurzer Zeit zu knarzen beginnt, weil es für maximale Performance bei Rennen und nicht für Langlebigkeit im Alltag konstruiert wurde? Was, wenn der Service „suckt“ und man als Kunde wochenlang auf Ersatzteile oder Antworten des Herstellers warten muss? Liegt der Fokus der Bike-Welt zu stark auf dem Glamour der Höchstleistungen, den Marginal Gains und einer nie enden wollenden Performance-Steigerung, statt die simplen Probleme der breiten Masse an „normalen“ Usern zu lösen?

Was bringen 8,713 % mehr Hinterbau-Performance, wenn die Lager des komplexen Mountainbike-Hinterbaus nach spätestens einem halben Jahr ausgeschlagen sind? Oder wenn mehr als 80 % der Biker die volle Fahrwerks-Performance durch fehlende Kenntnisse über das perfekte Set-up gar nicht ausnutzen können? Als Biker haben wir den Luxus und das Privileg, fast genau das gleiche Material zu fahren, das die EWS-Topathleten, Tour de France-Sieger, Olympioniken und Weltcup-Stars bei ihren übermenschlichen Höchstleistungen einsetzen. Das ist faszinierend und sexy zugleich, hat aber meistens einen Haken: Dieses Material ist auf maximale Performance und intensiven Service durch Profi-Mechaniker ausgelegt, seltenst auf maximale Zuverlässigkeit und Haltbarkeit. Spitzen-Performance im Alltagsbereich bringt der breiten Masse an Usern kaum etwas, vor allem dann, wenn ein komplexes Setup und viel Pflege nötig sind. Schon immer hat man viele Biker mit falschem Set-up über Trails und Bikepark-Strecken fahren sehen und in jüngster Bike-Boom-Zeit noch mehr.

Wie neue Entwicklungsschwerpunkte die Bike-Welt voranbringen und für mehr Fahrspaß und Kundenzufriedenheit sorgen können

Die gute Nachricht lautet: es gibt Lösungen für mehr Nachhaltigkeit, die wir sofort umsetzen können. Die selbstgesteckten Entwicklungs- und Marketingschwerpunkte der Hersteller spielen hierbei eine große Rolle.

Längere Produktzyklen = bessere Amortisation

Bei vielen Herstellern galt bislang das, was man von Fast Fashion kennt: Jeder neue Trend muss aufgenommen und umgesetzt werden. Sprich: neues Jahr, neue Innovationen, neue Modelle. Kurze Produktzyklen sind in der Bike-Industrie noch immer häufig anzutreffen, auch wenn zahlreiche Hersteller sich verstärkt von den klassischen Modelljahren zu verabschieden versuchen. Die Kunden und damit auch die Industrie selbst rennen in einem sich immer schneller drehenden Hamsterrad auf der Suche nach minimalen Verbesserungen, neuen Farben und dem Hype um den krassesten Shit. Dass das nicht nachhaltig sein kann, liegt auf der Hand. Denn viel Konsum bedeutet viel Ressourcenverbrauch!

Neue Schwerpunkte in der Produktentwicklung

Indem einzelne Hersteller bzw. am besten ein Großteil der Bike-Industrie neue Entwicklungsziele etablieren, kann sich vieles verbessern. Sobald Reparierbarkeit, Langlebigkeit und einheitliche Standards einen höheren Stellenwert einnehmen als die Non-plus-ultra-Performance gibt es mehrere direkte positive Resultate: Weniger Pannen, mehr bzw. länger anhaltenden Fahrspaß, weil die Produkte einfach länger halten, sowie mehr passende Ersatzteile durch Standards und eine einfachere Reparierbarkeit. Mehr Haltbarkeit würde zudem die überlasteten Bike-Shops und viele Service-Probleme zahlreicher Hersteller lösen.

Die gute Nachricht: Indem wir unseren Entwicklungs- und Kommunikationsfokus nur leicht verändern, können wir bereits vieles bewegen und Biken nachhaltiger machen. Damit hat die Bike-Industrie es in der Hand, Veränderungen einzuläuten, braucht dazu aber auch die Konsumenten, die die entsprechenden Produkte kaufen, statt nach Performance-Superlativen und neuen Modellen im Jahresrhythmus zu gieren.

Nachhaltigkeit braucht neue Geschäftsmodelle

Nun mag es paradox erscheinen, dass Marken ihre Kunden dazu erziehen sollen, weniger Produkte zu kaufen. Fakt ist aber auch: die Bedürfnisse und Ansprüche der Kunden verändern sich – nicht zuletzt durch die Elektrifizierung und die neuen Zielgruppen. Viele Biker kaufen die Mercedes und Porsches unter den Bikes – erwarten jedoch die Service-Kosten eines VW-Polos. Dass das in der Praxis nicht aufgeht und vor allem den raffinierten High-End-Komponenten nicht gerecht werden kann, liegt auf der Hand.

Don’t join the Do Nothing Club – wer sich als Bikemarke für die Zukunft gut und nachhaltig aufstellen will, muss auch sein Geschäftsmodell durchleuchten. Wie lässt sich wirtschaftlich arbeiten, wenn Stückzahlen bzw. Verkaufsrekorde nicht mehr die Maxime sind?

Das heißt, auf der einen Seite braucht es mehr Aufklärung für das Thema Service und die Kosten, die die Wartung und Instandhaltung der High-Tech-Komponenten verursachen. Auf der anderen Seite müssen Marken ihre Geschäftsmodelle anpassen, vielleicht ähnlich wie die Automobilindustrie, die häufig nicht mit dem Autoverkauf, sondern beim Service und After-Sales das Geld verdient. Bislang ist das Thema Service das ungeliebte Kind der Bikebranche, kaum ein Hersteller oder Direktversender ist in diesem Bereich gut aufgestellt und traut sich, margenreiche Preise aufzurufen. Digitale Dienstleistungen und Zusatzfeatures können ebenfalls spannend für neue Geschäftsmodelle sein.

Standards sind die neue Innovation – mehr Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Recycling

Die Entwicklung moderner Elektronikgeräte erscheint wie das Anti-Beispiel in Sachen Nachhaltigkeit. Konnte man früher bei einem iPhone oder MacBook noch den Akku selbst tauschen und einzelne Komponenten auswechseln, ist dies heutzutage kaum mehr möglich, ohne dass die Garantie erlischt. Die gleiche Entwicklung sieht man in fast allen Bereichen – von Automobil bis Fahrrad. Der Herstellungsprozess wird umweltschonender gestaltet, aber die Wartung und Instandhaltung eines Produkts kann kaum mehr selbst durch den Nutzer durchgeführt werden. Der Grund liegt auf der Hand: Die zunehmende Elektrifizierung, eine wachsende Anzahl an Features sowie Spezialkomponenten und deren Integration machen die Produkte immer komplexer.

Die Lebensdauer, Qualität und Reparierbarkeit eines Bikes sollten mindestens genauso wichtige Verkaufsmerkmale sein wie dessen Performance.

Die Festlegung von Standards ist eine große und wichtige Chance für die Branche, um nachhaltiger zu werden und auch das aktuelle Wachstum gut zu bewältigen. Die Lebensdauer, Qualität und Reparierbarkeit eines Bikes sollten mindestens genauso wichtige Verkaufsmerkmale sein wie dessen Performance. Hersteller müssen einen größeren Fokus auf die leichte Ersatzteilbeschaffung, das simple Instandhalten und den zusätzlichen Schutz der Bikes legen, wie ab Werk angebrachte Lackschutzfolie, austauschbare Kunststoffteile und längere Wartungszyklen.

Dazu gehört auch, die Kunden über Wartung und Wartungsintervalle stärker aufzuklären. Denn die richtige Wartung sorgt nicht nur für Werterhalt, sondern auch für mehr Langlebigkeit, bessere Performance und längeren Fahrspaß. Es muss attraktiver sein zu reparieren als neu zu kaufen – hierbei hilft eine Simplifizierung durch mehr Standardteile, eine bessere Ersatzteilversorgung und leichtere Reparierbarkeit der Produkte. Die Möglichkeit, Produkte z.B. für mehr Performance upzugraden statt sie komplett auszutauschen bringt ebenfalls Vorteile. Bei elektronischen Komponenten kann dies auch durch digitale Upgrades der Software, sowie Zusatzfeatures sein.

Größere Stückzahlen sorgen dafür, dass sich über die Jahre gewachsene Firmen neu organisieren müssen und auch immer mehr Konzerne wittern das Geschäft. Das sorgt dafür, dass immer mehr Modellplattformen entstehen, um Entwicklungskosten zu sparen und um Service, Ersatzteilversorgung und Margen zu garantieren. Dieses neue Interesse an Standards – wie wir sie auch aus der Auto-Industrie kennen – können dem Endkunden eine leichtere Ersatzteilbeschaffung bescheren, eine simplere Reparierbarkeit sicherstellen und im besten Fall auch für eine höhere Haltbarkeit sorgen.

Recycling und Ressourcenschonung: Circular Economy und Cradle-to-Cradle

Es gibt bereits diverse Lösungskonzepte für eine neue und nachhaltige Wirtschaft. Circular Economy und Cradle-to-Cradle sind dabei die zwei populärsten Ansätze, welche sich an den Prinzipien der Natur orientieren und in den nächsten Jahren für einige tiefgreifende Veränderungen in der Produktentwicklung und der gesamten Wirtschaft sorgen können – sofern ein Umdenken bei den Stakeholdern erfolgt: Das beginnt bei der Entwicklung, dem Einsatz der richtigen Materialien und regenerativer Energiequellen bis hin zu den Herstellungs- und Rücknahmeprozessen.

Die Kreislaufwirtschaft (eng. Circular Economy) will den Ressourceneinsatz sowie die Abfallproduktion auf ein Minimum reduzieren, indem sie Materialkreisläufe optimiert. Das Cradle-to-Cradle-Prinzip, was wörtlich übersetzt „von der Wiege zur Wiege“ bedeutet, setzt nochmal einen drauf und hat das Ziel, einen nahezu perfekten Kreislauf zu erreichen. Sprich, die Rohstoffe, die für die Herstellung eines Produkts verwendet werden, sollen nach erfolgreichem Recycling erneut verarbeitet und wiederverwendet werden, um Müll zu vermeiden.

Kritiker sehen in beiden Konzepten zu tiefgreifende Prozesse, die zu kostenintensiv und für einige Industriezweige nicht umsetzbar seien. Wirtschaftlich sei die Aufbereitung der Materialien zu teuer und zu energieintensiv – bestes Beispiel ist Ozean Plastik, sodass es mehr Sinn mache, mit neuen Ressourcen neue Produkte herzustellen. Außerdem werde der Überkonsum dadurch nicht reduziert, da der Irrglaube bei manchen vorherrscht, dass man durch den Kauf von mehr nachhaltigen Produkten der Umwelt etwas Gutes tue. Faktisch bedeutet aber jeder Kauf einen Ressourcenverbrauch.

Voraussetzung für die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft ist, dass sich auch im Bikebereich die Ausgangsmaterialien ändern und Produkte teilweise smarter und simpler konstruiert werden. Legierungen – z. B. von Alu-Rahmen oder Laufrädern – sind beispielsweise problematisch, da deren Aufbereitung schier unmöglich bzw. energetisch nicht sinnvoll sind. Noch kritischer ist Carbon. Denn das ist aktuell vor allem eines: Sondermüll.

Die gute Nachricht: Die Kreislaufwirtschaft ist keine Zukunftsmusik, sondern bereits jetzt möglich. Im urbanen Bereich initiiert z. B. das Frankfurter Unternehmen Advanced eine Revolution mit einem Composite-Spritzgussverfahren, mit dem sie aus Granulat E-Bike-Rahmen herstellen. Nicht nur fertigungstechnisch und kostenmäßig ist dieser in 90 Sekunden produzierte Rahmen besser, sondern er ist es auch fahrdynamisch! Die hohe Eigendämpfung sorgt für hohe Fahrstabilität, viel Komfort und Sicherheit. Durch regionales Sourcing, kürzere Lieferketten, deutlich geringere Produktionskosten, deutlich weniger CO2-Emission und vollständige Recycelbarkeit verspricht der Ansatz von Advanced einen Quantensprung. Inwiefern sich diese Technologie auf das Performance-Segment übertragen lässt, wird sich zeigen.

Auch der schwedische Equipment- und Bekleidungshersteller POC befasst sich intensiv mit diesem Thema und ist dabei, neue Produkte zu lancieren. Das Design & Innovation Award Team durfte bereits erste Produkte testen, allerdings können wir darüber noch nicht berichten, da die Produkte noch nicht offiziell vorgestellt wurden.

Überraschend: Die meisten nachhaltigen Konzepte kommen nicht aus den naturverbundenen Disziplinen wie etwa (E-)Mountainbiken, Gravel oder Rennrad, sondern aus dem urbanen Segment. Vielleicht auch deshalb, weil dort die maximale Performance weniger wichtig und andere Kriterien weitaus bedeutender sind! Wir werden sehen, ob sich die Innovationen auch auf die Passion-Segmente (E-)Mountainbiken, Gravel und Rennrad übertragen werden.

Nachhaltigkeit hat ihren Preis

Solange wir leben, können wir den Ressourcenverbrauch nicht eliminieren. Das Leben ist zu vielseitig und aufregend, um es zu verbieten. Vielmehr erfordert unsere Zeit, dass wir nicht so weitermachen wie bisher, sondern eine neue Balance finden.
Im aktuellen Nachhaltigkeitstrend gibt es teils haarsträubende Marketingaktionen, paradoxe Entwicklungen und kurzfristig gedachte Maßnahmen, die schön klingen, am Ende an Scheinheiligkeit oder Sinnlosigkeit aber nicht zu überbieten sind.
Die gute Nachricht lautet jedoch: Wir müssen nichts greenwashen, sondern können mit kleinen Veränderungen Großes bewirken.

Mit einem bewussteren Konsum, d. h. auch unseren Kreditkarten, sowie unserem Nutzungsverhalten können wir als User Initiativen und Unternehmen unterstützen, die sich engagieren. Dazu braucht es mutige Medien und Dritte, die das im Faktencheck prüfen und aufklären. Auch als Design & Innovation Award, der sich nicht nur mit den neuesten Produkten, sondern auch Trends befasst sehen wir für uns eine wichtige Funktion für die Zukunft.

Die (Bike-)Industrie ist nun gefragt, neue Entwicklungsschwerpunkte, neue Standards und neue Recyclingmethoden zu etablieren und ihre Geschäftsmodelle so weiterzuentwickeln, dass ein potenziell geringerer Konsum dennoch wirtschaftlich bleibt. Denn wenn etwas der Umwelt schadet, dann ist es der Exzess, der Überkonsum, wie wir es von Fast Fashion kennen und das Hamsterrad immer schneller drehen lässt.

Wahre Nachhaltigkeit erfordert einiges von uns – aber es ist wie ein Marathon: Das Ziel scheint weit entfernt, aber solange wir nicht die ersten Schritte in die richtige Richtung machen, kommen wir nie an. Also lasst es uns anpacken!

Der Beitrag Megatrend Nachhaltigkeit: Augenwischerei oder klare Innovation? – Maßnahmen und Chancen für die Bike-Branche erschien zuerst auf E-MOUNTAINBIKE Magazine.

]]>
Bike, Birkenstock und Braukessel – Overnighter im UNESCO-Weltnaturerbe Fanes-Sennes-Prags https://ebike-mtb.com/bike-birkenstock-und-braukessel-overnighter-im-unesco-weltnaturerbe-fanes-sennes-prags/ Sat, 28 May 2022 08:00:16 +0000 https://ebike-mtb.com/?p=103871 103871 Wer von euch hat schon mal in einer Brauerei übernachtet? Dazu noch in der höchsten Kleinbrauerei Europas? Kurz mal Hand heben! Kaum einer? Wir auch nicht. Zeit also, die Zahnbürste, Durst, dicke Socken und Freunde einzupacken, um auf dem Weg nach oben ganz nebenbei das UNESCO-Weltnaturerbe der Dolomiten zu entdecken.

Egal wie man es macht, hier macht man es richtig! Mehrtägige Hüttentouren lohnen sich im Naturpark Fanes-Sennes-Prags genauso wie kurze Halbtagesausflüge, egal ob in Wanderschuhen oder auf dem Fahrrad. Das UNESCO-Weltnaturerbe wartet mit vergleichsweise leicht erreichbaren Hochplateaus und fantastischen Ausblicken für die Genießer auf und versorgt die hartgesottenen Bergziegen unter euch mit Bergspitzen wie der Hohen Gaisl und der Conturinesspitze. Wir haben es uns nach einem ausgiebigen Testtag beim Design & Innovation Award leicht gemacht und uns kurzerhand entschlossen, die ausgeprägte Gebirgslandschaft im Tour-Modus zu erkunden und dabei hoch zur Mikrobrauerei Lavarella zu pedalieren. Hier soll es ihn laut ladinischen Sagen und Mythen geben: den Balsam für die Kehle.

Unser Weg nach oben startet am Excelsior Dolomites Life Resort in St. Vigil, das schon seit Jahren unser Basecamp für den Design & Innovation Award ist. Das liegt nicht nur am Infinity-Rooftop-Pool, sondern auch an den zwei Saunalandschaften, der herausragenden Küche und den Zimmern, die mit vielen Naturmaterialien die richtige Mischung aus zurückhaltender Eleganz und Gemütlichkeit treffen. Perfekt, um nach langen Testtagen abzuschalten und zu regenerieren. Vor allem ist das Excelsior aber der ideale Ausgangspunkt, um alle Touren des Gebietes entspannt – oder bei unseren Tests auch mal ambitioniert – angehen zu lassen. Wenn ihr mal hier seid und professionelle Beratung für eure Ausflüge braucht: Hotelier und Mountainbiker Werner Call sowie sein Team haben immer den passenden Tipp parat. Egal ob ihr die Bergkulisse durchs Wandern, Klettern, Biken oder an der Zipline erkunden wollt.

Wir wollen natürlich biken und sind schon nach ein paar Kurbelumdrehungen aus der kleinen Gemeinde raus und im Pederü-Tal. Hier überqueren wir unzählige malerische Bäche und rollen entlang smaragdfarbener Seen. Auch wenn man hier nicht oft auf einen Wanderer oder Biker trifft, ist man selten alleine. Ziegen, Kühe und Pferde zieren den Wegesrand oft wie das Publikum die Straßen der Tour de France, nur eben ohne Rauchfackeln und Wohnmobile. Hier und da entdeckt man Infotafeln und Holzschnitzereien, die von den lokalen Sagen erzählen oder einem die Kultur der Ladiner näherbringen. Die Geschichten, die eine bis heute nahezu intakte und noch überschaubar besiedelte Region herausgebracht hat, führen uns über Traditionen, Brauchtümer und gastronomische Besonderheiten zur ladinischen Sprache, die heute nur noch schätzungsweise von 30.000 Menschen gesprochen wird. Im Hier und Jetzt füllen wir erst mal an einem der unzähligen Wasserläufe unsere Wasserspeicher auf und pedalieren weiter über Schotterserpentinen, die mit jeder Kurve unglaubliche Panoramen freigeben. Vereinzelt erahnt man in den Tälern und an den Hängen der Berge das 200 km lange Wegenetz für Mountainbiker und das knapp 300 km lange Wandernetz.

Das Bergpanorama entschleunigt. Obwohl wir hochfahren, kommen wir runter, werden ruhiger. Lachen uns immer wieder zu, zeigen auf atemberaubende Kulissen und grüßen vereinzelt Wanderer, deren Ziel das gleiche ist: der Weg. Nach gut drei Stunden mit etlichen Pausen und Fotostopps kommen wir oben an, genießen den Ausblick und die Ruhe. Obwohl wir eine super Zeit haben, will kaum einer ein Wort sagen, die Stille ist ein seltener Begleiter in unser aller Alltag und wir genießen sie gerade viel zu sehr. Ein kleiner Wasserlauf in der Nähe liefert die einzige Geräuschkulisse. Unweit von uns entfernt liegt unsere Interpretation der Pilgerstätte, das Rifugio Lavarella. Hier wird auf 2.050 m Höhe Bier gebraut und Wanderern sowie Bikern ein Zuhause für die Nacht geboten. Wir kehren ein, lehnen unsere Bikes im Keller an riesige Braukessel und tauschen Klickpedalschuhe gegen Birkenstock-Sandalen. Nach einer kurzen Führung von Hüttenwirt Gábor beziehen wir kleine, urige Zimmer und schlurfen über knarzenden Holzfußboden Richtung Abendessen. Während unter uns die Bikes laden, bestellen wir uns natürlich neben der gesunden Bergküche der Dolomiten ein hier selbst gebrautes Bier. Bei der Entscheidung, ob IPA, Lager Hell, Lager Dunkel oder Weizen machen wir es uns leicht und bestellen einmal alle. Wir stoßen an, lassen die Entdeckungen der Halbtagestour wirken und sinnieren über das, was eine solche Tour mit einem macht. Statusupdate auf Insta? Keine Chance, ab 22 Uhr wird hier das Internet abgestellt.

Am frühen Morgen geht es nach einem soliden Hüttenfrühstück mit leichtem Kater gen Tal. Gestern Abend wäre diese Abfahrt nach ein paar Bieren mehr als fahrlässig gewesen, obwohl wir zu dem Zeitpunkt sicherlich „fahr lässig“ verstanden hätten. Eng hintereinander surfen wir die wie Serpentinen geschwungenen Trails hinab, die uns mal über Stock und Stein, mal über kleine Kiesel vorbei an unterschiedlichsten Vegetationen und Panoramen führen. Hier und da hört man einen von uns vor Freude „Yeeha“ und „Whoop“ rufen, der Rest der Crew bestätigt die geteilte Freude mit einem Lachen. Solche Momente schweißen zusammen, ganz ohne Worte.

Die abwechslungsreichen Untergründe, die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade der Pfade und das perfekt erschlossene Wegenetz machen das Gebiet rund um den Naturpark Fanes-Sennes-Prags zum perfekten Testgelände für unseren jährlichen Award. Hier lassen sich die Unterschiede sowie Tops und Flops von Hightech-Bikes und Equipment ausgiebig testen – denn hier wird oft schnell klar, was wirkliche Innovation und was ausschließlich Marketing ist. Jedes eingereichte Produkt wird auf Herz und Nieren getestet und nur die Besten der Besten werden mit dem begehrten Design & Innovation Award ausgezeichnet.

Ihr wollt unsere Testrunde selbst einmal abrollen? Startet am besten in St. Vigil und schlängelt euch über ewig lange Trails mit Uphill-Flow inkl. Blick auf die Berge zur Pederühütte. Auf dieser Strecke haben Beginner und Pros gleichermaßen Spaß. Die Ambitionierten unter euch können sich danach auf zur Fanes- oder Lavarella-Hütte machen. Solltet ihr mit E-Bikes unterwegs sein, bleibt sportlich im Tour-Modus, denn der Weg ist in zweifacher Hinsicht atemberaubend. Auf unendlichen Serpentinen geht es über Hochplateaus vorbei am Limosee, dann am Limojoch hoch zur Fanes-Hütte auf der namensgebenden Alpe di Fanes oder etwas weiter noch zur Berghütte Lavarella. Genießt den Ausblick, selbst gebrautes Bier, die Ruhe und gutes Essen, bevor euch später eure Uphill-Anstrengungen in Singletrail-Kilometern zurückgezahlt werden.

Egal ob Overnighter, Tagestour oder kurzer Ausflug, hier wird jeder sein Glück finden und mit mindestens 10 GB neuen Fotos nach Hause reisen. Die Landschaft macht sprachlos und die Trails bringen Smiles for Miles. Kommt mal runter und entdeckt das UNESCO-Weltnaturerbe Fanes-Sennes-Prags für euch. Egal ob jung oder alt, Single oder Familie, Sonntagsfahrer oder ambitionierter Meilensammler – euch wird es an nichts fehlen! Außer vielleicht am Meerblick.

Wer sich von der sagenumwobenen Landschaft auf dem Bike überzeugen will, kann auch gerne unsere Lieblingstouren aus unserer Komoot-Collection runterladen und nachfahren.

Der Beitrag Bike, Birkenstock und Braukessel – Overnighter im UNESCO-Weltnaturerbe Fanes-Sennes-Prags erschien zuerst auf E-MOUNTAINBIKE Magazine.

]]>