Müssen sich E-Mountainbikes bis 7.000 € vor den oft doppelt so teuren Topmodellen verstecken? An welcher Stelle spart man Geld, wo nicht und was müsst ihr unbedingt vor dem Kauf eines E-MTBs wissen? Wir haben fünf spannende Erkenntnisse aus unserem E-MTB-Test bis 7.000 € für euch gesammelt.
Geld wächst nicht auf den Bäumen und nicht jeder kann und will sich ein sündhaft teures E-Mountainbike bis zu 15.000 € leisten, wie aus unserem High-End-Vergleichstest. Deswegen haben wir uns der Sache angenommen und fünf spannende E-Mountainbikes bis zu einer Preisgrenze von 7.000 € getestet. Die Bikes mussten sich sowohl auf den Trails als auch im Alltag beweisen. Wir haben nicht nur nach dem besten Allrounder gesucht und diesen gefunden, sondern auch spannende Erkenntnisse gesammelt, die sogar uns überrascht haben.
Das Fahrverhalten eines E-MTBs wird nicht über das Gewicht bestimmt
Nur weil ein Sportwagen 500 PS besitzt, heißt es noch lange nicht, dass er sich gut und schnell fahren lässt. Ähnlich verhält es sich mit dem Gewicht und der Fahrperformance von E-MTBs: Ein schweres E-Mountainbike fährt sich nicht unbedingt schwerfällig, denn auch wenn das MERIDA eONE-SIXTY 875 im Test die meisten Pfunde auf die Waage bringt, fährt es sich leichtfüßiger als das leichteste Bike im Test, das Specialized Turbo Levo Comp Alloy. In Sachen Fahrperformance muss man das Gewicht natürlich in den Kontext des Gesamtkonzeptes des jeweiligen Bikes stellen.
Auch wenn viele Gerüchte am Stammtisch kursieren, ist das Rahmenmaterial nur bedingt ausschlaggebend für das Gewicht und das Fahrverhalten des Bikes. Das Specialized Turbo Levo Comp Alloy ist trotz 700-Wh-Akku und Alu-Rahmen das leichteste E-MTB im Test. Vielmehr wird die Fahrperformance von vielen unterschiedlichen Aspekten beeinflusst, wie z. B. dem Fahrwerk. Euer E-MTB kann noch so leicht sein, wenn aber die ganze Energie in einem schlechten Fahrwerk verpufft, fühlt es sich trotzdem an, als würdet ihr einen 40-Tonner durch die Kurve steuern. Wir könnten noch viele weitere Beispiele aufzählen, doch Fakt ist: Gewicht spielt nur eine nebensächliche Rolle und die Fahrperformance eines E-Mountainbikes lässt sich nur auf dem Trail herausfinden.
Wie viel Geld muss man ausgeben, um ein gutes E-Mountainbike zu bekommen?
Egal, ob MERIDA eONE-SIXTY 875, Specialized Turbo Levo Comp Alloy oder das Canyon Strive:ON CFR. Die Bikes in unserem E-MTB-Test bis 7.000 € sind zum Teil nur halb so teuer wie die jeweiligen Topmodelle aus unserem High-End-Vergleichstest. Die günstigen Ausstattungsvarianten kommen zwar nicht mit prestigeträchtigen und goldglänzenden Anbauteilen, können aber in Sachen Fahrperformance oft mit den High-End-E-MTBs mithalten. Manche Hersteller haben es inzwischen gut drauf, bei den Komponenten der High-End-Modelle den Rotstift anzusetzen, wo man viel Geld sparen kann. Dabei muss man so gut wie keine Einbußen in der Fahrperformance in Kauf nehmen, so sehr sogar, dass sich die Daseinsberechtigung mancher Top-Spec-Bikes in Frage stellt. Bestes Beispiel für eine gelungene Einsparmaßnahme ist das Canyon Strive:ON CFR: In unserer Ausstattungsvariante kommt es mit einem FOX Performance Elite-Fahrwerk, das in Sachen Einstellbarkeit und Trail-Performance dem goldglänzenden Factory- oder dem RockShox Ultimate-Fahrwerk des Topmodels in nichts nach steht. Auch die Bremsen und die Schaltung kommen aus der hochwertigen Shimano XT-Gruppe und überzeugen mit einer erstklassigen Performance. Also, Augen auf. Genau hinschauen lohnt sich und man spart bares Geld.
Günstige E-Mountainbikes legen einen höheren Fokus auf Allroundqualitäten
An High-End-E-Mountainbikes wird der Fokus meist auf möglichst niedriges Gewicht sowie eine schlanke und edle Optik bei maximaler Performance (zum Teil auch auf Kosten der Langlebigkeit) gelegt. Durch superleichte Carbonlaufräder werden wenige 100 g eingespart, wodurch man tatsächlich eine Tausendstelsekunde der eigenen Bestzeit verbessern kann. Im Worst Case kommt es bei den edlen Carbonlaufrädern aber zum Totalausfall, während man mit dem Alu-Pendant noch mit einem blauen Auge davonkommt.
Die günstigen Ausstattungsvarianten sind im Vergleich zu den Topmodellen immer noch performant, aber nicht komplett ausgereizt, um das letzte Quäntchen Performance aus dem Bike rauszukitzeln. Dennoch kommen sie den Bedürfnissen der meisten Fahrer entgegen und bieten eine Vielzahl nützlicher Features. So lässt sich z. B. an jedem E-MTB im Test der Akku entnehmen, in unserem High-End-Vergleichstest waren rund ein Drittel der Akkus in den E-MTBs fest verbaut. Für den täglichen Gebrauch sind nützliche Features wie Lichter, Anhängerfreigabe und die Möglichkeit, einen Ständer zu montieren, von entscheidender Bedeutung. Das MERIDA eONE-SIXTY bietet nicht nur erstklassige Trail-Performance, sondern integriert auch einen entnehmbaren Akku, Frontlichter und eine Ständeraufnahme.
Wo ist mein Bling-Bling-Faktor?
Die High-End-E-Mountainbikes rollen meist in auffälligen Lackierungen und funkelnden Komponenten daher, die nicht nur auf dem Trail, sondern auch vor der Eisdiele ihre Blicke auf sich ziehen. Im Gegensatz dazu kommen viele der günstigeren Varianten in eher dezenten Farben und mit weniger prestigeträchtigen Komponenten daher. Doch das bedeutet nicht, dass man auf Individualität verzichten muss. Beim Propain Sresh CF besteht die Möglichkeit, das E-MTB durch den Konfigurator ganz nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, unabhängig davon, ob es sich um ein High-End-Modell handelt oder nicht.
Motorsystem = Motorsystem?
Egal, ob High-End oder nicht, viele E-Mountainbikes setzen oft auf die gleichen Motorsysteme. Dadurch eröffnen sich die gleichen Möglichkeiten in Sachen Connectivity. Die Bosch eBike Flow App bietet beispielsweise dieselben Optionen zur Anpassung der Unterstützungsstufen des Motors, unabhängig vom Modell. Canyon verbaut in allen Ausstattungsvarianten des Strive:ON das Bosch Connect-Modul, das eine Diebstahlsicherung durch GPS-Tracking und eine Alarmfunktion bietet. Auch Specialized verbaut im Levo Comp Alloy das TCU Mastermind-Display, das wir bisher nur von den teureren Modellen kennen und das die gleichen umfangreichen Connectivity-Features wie die Topmodelle bietet.
Obwohl die E-Mountainbikes auf die gleichen Motorsysteme setzen, gibt es dennoch Unterschiede. Während das Canyon Strive:ON CFR in der LTD-Variante mit dem Bosch Performance Line CX Race-Motor kommt, ist im von uns getesteten Strive:ON CFR „nur” der normale Bosch Performance Line CX verbaut. In Sachen Leistung besitzen beide Aggregate das gleiche Drehmoment von 85 Nm und dieselbe Maximalleistung von 600 Watt. Nur die Tretunterstützung steigt bei der Race-Version von 340 % auf 400 %.
Ähnlich verhält es sich beim Propain Sresh CF. Die von uns getestete Base-Variante wird mit dem Shimano EP6-Motor geliefert. Durch den Konfigurator kann gegen einen Aufpreis auch auf den Shimano EP801 geupgradet werden. Auch diese Motoren kommen beide mit 85 Nm Drehmoment, lediglich die Maximalleistung des Shimano EP6 ist etwas geringer und das Gehäuse besteht aus Aluminium statt aus Magnesium und ist dadurch rund 300 g schwerer. Das Propain Sresh CF wird standesgemäß bergab bewegt, wo man die Schwerkraft auf seiner Seite hat und auf ein Quäntchen mehr Maximalleistung oder ein paar Gramm weniger Gewicht im Motor gerne verzichten kann. Wer nur einen Motor sucht, der einen auf der Schotterstraße bequem zum Traileinstieg unterstützen soll, ohne dass man anspruchsvolle technische Climbs in Angriff nimmt, der ist mit dem Shimano EP6 bestens bedient, da er dafür mehr als kraftvoll genug ist.
Fazit
Nur weil ein E-MTB nicht so viel kostet wie das High-End-Modell oder nicht mit prestigeträchtigen Komponenten daherrollt, muss es noch lange nicht schlecht sein. Im Gegenteil, die E-MTBs bis zu einer Preisgrenze von 7.000 € bringen nicht nur gute Performance mit, sondern auch clevere Features und ein hohes Maß an Connectivity. Die E-Mountainbikes aus dem High-End-Vergleichstest sind zukunftsweisend mit neuen Technologien und kommen auch den günstigeren Modellen zugute.
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Words: Mike Hunger Photos: Antonia Feder, Mike Hunger