Fehl am Platz? Mit dem Shimano EP801-Motor und integriertem 600-Wh-Akku, klingt das MERIDA eONE-SIXTY 10K im ersten Moment nach gar keinem Light E-MTB. Auch mit seinem schwersten Gewicht im Testfeld scheint ein Testsieg auf dem Papier unwahrscheinlich. Doch kann das E-MTB mit dem höchsten Federweg im Test dennoch die Konkurrenz aufmischen?
Die taiwanesische Bike-Brand präsentiert mit dem MERIDA eONE-SIXTY 10K das Topmodell der eONE-SIXTY-Reihe. Während das MERIDA eONE-SIXTY 875 sich in unserem E-MOUNTAINBIKE Vergleichstest bis 7.000 €, den Kauftipp sichern konnte, tritt nun der größere Bruder aus Carbon im Light-E-MTB-Vergleichstest an. Das MERIDA eONE-SIXTY 10K ist uns keine Unbekannte, wir konnten es schon Anfang des Jahres im großen E-Mountainbike Vergleichstest in einem anderen Testfeld auf Herz und Nieren prüfen. MERIDA kombiniert am eONE-SIXTY 10K den 85 Nm Drehmoment starken Shimano EP801-Motor mit einem 600-Wh-Akku und 170/174 mm Federweg. Genau wie schon bei ihren Enduro-Bikes setzt der Hersteller auch beim E-MTB auf ein spezielles Größenkonzept. Dabei variiert in den Größen XShort, Short, Mid, Long und XLong nicht die Höhe des Rahmens, sondern die Länge. Dadurch verändert sich der Charakter des Bikes mit zunehmender Größe von agil zu laufruhig. Wir haben das MERIDA eONE-SIXTY 10K in der Größe L (Long) getestet, das ganze 22,58 kg auf die Waage bringt. Damit ist es das schwerste E-MTB im Test und spiegelt dennoch die spannende Entwicklung der letzten Jahre wider. Mit 11.599 € ordnet sich das MERIDA eOne-SIXTY 10K im oberen Preissegment in unserem Testfeld ein.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2024 – Die 9 spannendsten Bikes im großen Vergleichstest
Silberpfeil im Goldrausch – Was macht das MERIDA eONE-SIXTY 10K aus?
Das MERIDA eONE-SIXTY 10K präsentiert sich im schlichten silbernen Gewand, während das goldene Fahrwerk edle Akzente setzt. Mit seinem schicken Carbonrahmen und den Sitzstreben, die mit dem Dämpfer eine Linie bilden, spricht es eine klare Formsprache. Wie auch beim analogen Enduro-Bike ONE-SIXTY kommen am elektrifizierten Bruder Flex-Stays am Hinterbau zum Einsatz. Die Nachgiebigkeit der Sitzstreben ermöglicht, dass auf ein zusätzliches Lager zwischen Sitz- und Kettenstreben verzichtet werden kann. Mithilfe zweier Anschraubpunkte am Unterrohr sowie auf der Unterseite des Oberrohrs könnt ihr eure Trail-Essentials sowie einen Trinkflaschenhalter montieren, während sich das unter dem Sattel versteckte Multitool für kleine Einstellungen auf dem Trail nutzen lässt. Ein weiterer Sechskantschlüssel ist im Schnellspanner in der Steckachse des Hinterrads integriert. Um euren Rahmen vor Beschädigungen und Dreck zu schützen, kommt das Bike mit einem großen Fender am Sattelrohr und einem großzügigen Kettenstrebenschutz. Wie auch das Vorgängermodell erhält die Neuauflage des MERIDA eOne-SIXTY 10K die MERIDA-typischen Kühlrippen im Steuerrohrbereich, die dem 600-Wh-Akku im Unterrohr einen kühlen Kopf bescheren sollen. Der Akku ist fest im Unterrohr verbaut und kann zum Laden nicht entnommen werden. So muss das 10K an eurem Abstellplatz mit vorhandener Steckdose über den Ladeport im Tretlagerbereich geladen werden, der sich durch das fummelige Cover aber nur mit viel Fingerspitzengefühl schließen lässt. Der Akku gibt seine elektrische Energie an den Shimano EP801-Motor weiter, der ein Drehmoment von 85 Nm liefert. Im Vergleich zum GIANT SyncDrive Pro2-Motor im GIANT Trance X Advanced E+ Elite ist der EP801-Motor formschön im Tretlagerbereich integriert und passt gut zum restlichen Bike. Wer sich für die aktuellsten und spannendsten Motore interessiert, sollte sich unseren großen Motoren Vergleichstest anschauen. Gleichzeitig versorgt der Hauptakku auch das am Vorbau montierte Lezyne E-Bike Power E115-Frontlicht, das euch auch bei Dunkelheit eine gute Sicht beschert. Die Akkukapazität am MERIDA eONE-SIXTY 10K – und damit auch die Reichweite, selbst wenn sie von mehr Faktoren als Akkukapazität abhängt – kann über den 360 Wh großen Range Extender erhöht werden, was jedoch im gleichen Zug das Gewicht weiter anhebt. Der Range Extender wird an einer Aufnahme am Unterrohr angebracht, wodurch jedoch die Trinkflaschenhalterung weichen muss. Auf langen Touren empfiehlt sich deshalb, bei montiertem Range Extender hier eine Hip Bag oder ein Rucksack für die nötige Wasserversorgung mitzunehmen. Alle wichtigen Informationen über das Motorsystem wie Unterstützungsstufe, Akkustand und mehr liefert das Shimano SC-EM800-Display am Lenker.
Geschaltet wird am eONE-SIXTY 10K über die elektrische SRAM XX Eagle AXS Transmission-Schaltung, die auch Schaltvorgänge unter Last ermöglicht und direkt am Carbonrahmen montiert ist. Dadurch kann auf ein Schaltauge verzichtet werden und das Schaltwerk ist weniger anfällig für Beschädigungen. Das MERIDA rollt auf soliden DT Swiss HXC1501 SPLINE Carbon-Laufrädern im Mullet-Setup, sprich einem 29” großen Vorderrad und einem 27,5”-Hinterrad. Über den Flip-Chip in der Umlenkung des Hinterbaus lässt sich das Bike auch im reinen 29”-Setting fahren, wobei sich der Federweg dann auf 170/160 mm (v/h) verringert. Geschützt werden die Laufräder von einem MAXXIS ASSEGAI-Reifen in weicher MaxxGrip-Gummimischung und EXO+ Karkasse an der Front und einem MAXXIS Minion DHR II-Reifen in härter MaxxTerra-Gummimischung und dickwandiger Doubledown-Karkasse am Heck – top! Die nötige Bremspower liefern die SRAM CODE Ultimate Stealth Vierkolbenbremsen, die vorne mit einer 220 mm großen Bremsscheibe und hinten mit einer 200er kombiniert werden. Das goldene Fahrwerk stammt aus der Factory-Serie von FOX und bietet mit 170/174 mm (v/h) den meisten Federweg im Vergleichstest. Eine FOX 38 Factory-Federgabel mit GRIP2-Dämpfungskartusche arbeitet zuverlässig an der Front, während am Heck der FOX FLOAT X2 Factory-Dämpfer Unebenheiten ausfedert. Beide bieten eine hohe Einstellbarkeit sowie gute Trail-Performance. Die hauseigene Sattelstütze MERIDA TEAM TR II mit massiven 230 mm Hub lässt sich ganz im Sattelrohr versenken und bietet so viel Bewegungsfreiheit.
MERIDA eONE-SIXTY 10K
11.599 €
Ausstattung
Motor Shimano EP801 85 Nm
Akku Trend Power Internal Battery 600 Wh
Display Shimano SC-EM800
Federgabel FOX 38 Factory GRIP2 170 mm
Dämpfer FOX FLOAT X2 Factory 174 mm
Sattelstütze MERIDA TEAM TR II 230 mm
Bremsen SRAM CODE Ultimate Stealth 220/200 mm
Schaltung SRAM XX Eagle AXS Transmission 1x12
Vorbau MERIDA Expert eTR II 40 mm
Lenker MERIDA TEAM TR II 780 mm
Laufradsatz DT Swiss HXC1501 SPLINE 29"/27,5"
Reifen MAXXIS ASSEGAI, MaxxGrip, EXO+/ MAXXIS Minion DHR II, MaxxTerra Doubledown 2,5"/2,4"
Technische Daten
Größe XS S M L XL
Gewicht 22,6 kg
Zul. Gesamtgewicht 140 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 117 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Besonderheiten
Integriertes Frontlicht
Tool
Tuning-Tipp: Wer am MERIDA eONE-SIXTY auf mehr Agilität Wert legt, wählt eine Rahmengröße kleiner.
Build to shred – Das MERIDA eONE-SIXTY 10K im Praxistest
Startet man mit dem MERIDA eONE-SIXTY 10K in den Trail, steht man gut ausbalanciert zwischen Vorder- und Hinterrad. Das intuitive Handling sorgt dafür, dass auch Einsteiger mit dem Bike schnell zurechtkommen. Lässt man es anfangs direkt krachen und fährt mit hoher Geschwindigkeit ins Steinfeld, überrascht das MERIDA mit hoher Laufruhe, die eine der besten im Test ist. Hier bügelt das eONE-SIXTY den Trail glatt und bei ungenauer Linienwahl verzeiht es auch Fahrfehler. Sobald man bei der nächste Runde in Steinfeldern abzieht, wartet der Hinterbau mit hohen Reserven auf. Das Bike vermittelt ein hohes Sicherheitsempfinden, sodass man schnell mutig durchs Gelände prescht. Lediglich das metallische Klappern des Shimano-Motors trübt das sonst nahezu geräuschlose Fahrerlebnis am MERIDA eONE-SIXTY 10K etwas.
Wer es zu Beginn etwas ruhiger angehen lassen will und mit dem MERIDA eONE-SIXTY 10K in den Flowtrail startet, muss etwas mehr Eigeninitiative zeigen. Denn durch das weiche Fahrwerk lässt sich das Bike nicht ganz so gut über Wellen pushen und im Vergleich zum Santa Cruz Heckler SL geht hier mehr Kraft im Federweg verloren. So fühlt sich das MERIDA eONE-SIXTY auf dem Flowtrail etwas unterfordert und wartet lieber auf den nächsten Rock-Roll. Trotz des hohen Gewichts lässt sich das Bike noch gut um Kurven herum zirkeln, kommt aber an die Agilität eines Specialized S-Works Turbo Levo SL nicht heran. Wer hier mehr Agilität will, wählt eine kleinere Rahmengröße.
Auf dem Weg zum nächsten Trail unterstützt euch der Shimano EP801-Motor kräftig und im Boost-Modus erreicht ihr mit 600 Watt Spitzenleistung eure nächste Abfahrt in Kürze. Die bequeme und kompakte Sitzposition erlaubt auch lange Tage im Sattel, ohne mit Rückenschmerzen vom Bike abzusteigen. Im Uphill macht sich auch das starke Fahrwerk bemerkbar, das kleine Unebenheiten ausfedert, während der sensible Hinterbau bergauf ordentlich Traktion generiert. Dadurch erweist sich das MERIDA als guter Kletterer im Vergleichstest.
Jackpot! MERIDA setzt am eONE-SIXTY 10K auf eine solide Reifenkombi mit ausreichendem Pannenschutz und guten Gummimischungen.
Für wen ist das MERIDA eONE-SIXTY 10K das richtige Bike, für wen nicht?
Das MERIDA eONE-SIXTY 10K begeistert jeden, der es ordentlich krachen lassen will und Wert auf hohe Laufruhe legt. Dank des einfachen Handlings finden sich auch Einsteiger schnell auf dem Bike zurecht, die hier einen idealen Begleiter finden, der den Fahrer bis zu einem hohen Fahrerlevel begleitet. Dank der angenehmen Sitzposition, des komfortablen Fahrwerks und des kraftvollen Motors ist das MERIDA auch für längere Touren gut geeignet.
Fazit zum MERIDA eONE-SIXTY 10K
Das MERIDA eONE-SIXTY 10K ist ein E-MTB fürs Grobe, das sich auf ruppigen Trails zu Hause fühlt, während es auf Flowtrails etwas unterfordert ist. Mit seiner hohen Laufruhe, dem leistungsstarken Fahrwerk und dem intuitiven Handling spricht es eine breite Fahrergruppe an und kann sich im Vergleich zu anderen Light E-MTBs im Testfeld behaupten. Zusätzlich punktet es mit praktischen Features wie dem serienmäßigen Licht und einem integrierten Multitool, die das Gesamtpaket gelungen abrunden.
Tops
- hohe Laufruhe
- clevere Detaillösungen
- solide Ausstattung
Flops
- fummeliger Ladeport
Mehr Informationen findet ihr unter merida-bikes.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2024 – Die 9 spannendsten Bikes im großen Vergleichstest
Alle Bikes im Test: Cannondale Moterra SL1 | GIANT Trance X Advanced E+ Elite 0 V2 | Mondraker Dune RR | MERIDA eONE-SIXTY 10K | Orbea Rise | Santa Cruz Heckler SL XX AXS RSV | SCOTT Voltage eRide 900 Tuned | Specialized S-Works Turbo Levo SL | YT DECOY SN
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Words: Benedikt Schmidt Photos: Peter Walker