Mit dem Instinct Powerplay SL steigt Rocky Mountain in die Liga der Light-E-Mountainbikes ein – zumindest laut Produktnamen. Das Allmountain-Bike kommt mit exotischem Dyname-Motor, der das Hinterrad über ein zusätzliches Ritzel antreibt. Kann der neuartige Motor mit kleinem Akku überzeugen oder entpuppt sich das Konzept als schwerer Kompromiss?
Rocky Mountain, direkt aus Vancouver, BC – der Geburtsort des Mountainbikens. Die Kanadier waren schon früh am Start und bauen seit 1981 Mountainbikes. Seit 2017 sind sie mit dem Rocky Mountain Altitude Powerplay auch im E-Bike-Bereich unterwegs. Mit dem Altitude Powerplay sind die Kanadier nicht dem Mainstream gefolgt, sondern haben ein eigenes, superstarkes Motorenkonzept in enger Kooperation mit Dyname auf die Beine gestellt.
Jetzt folgt mit dem Instinct Powerplay SL eine andere Herangehensweise. Das Konzept wird noch einmal umgekrempelt: kleiner integrierter, aber entnehmbarer Akku und ein leichterer Motor – der Dyname S4 Lite. Weniger Leistung als der große Bruder – ja, aber trotzdem mehr Power als die meisten Light-E-Mountainbikes: 65 Nm Drehmoment – das sind mindestens 5 mehr als bei den meisten „gängigen“ Light-Motoren. Doch reicht das, um das SL im Namen wirklich zu verdienen und ist das Bike seinen Preis von 9.700 € wert?
Das neue Motorsystem des Rocky Mountain Instinct Powerplay SL 2025 – Dyname S4 Lite
Im neuen Rocky Mountain Instinct Powerplay SL arbeitet der ebenso neue Dyname S4 Lite E-Bike-Motor. Mit bis zu 65 Nm Drehmoment und 550 W Spitzenleistung übertrumpft er die „leichte Konkurrenz“ wie FAZUA Ride 60 oder Bosch Performance Line SX zwar in Sachen Drehmoment, letzteren aber nicht, was die Spitzenleistung angeht … Wie sich das am Pedal und in puncto Kraftentfaltung auswirkt, dazu später mehr. Rocky Mountain hat aufgrund der Kraftverhältnisse die Ausrichtung des Bikes bewusst als „Mid-Support“-Bike gewählt. Hardfacts auf dem Papier hin oder her, was den Motor wirklich einzigartig macht, ist seine Kraftübertragung: Statt direkt übers große Kettenblatt die Kraft zu übertragen, bringt ein kleines weiteres Antriebsritzel oberhalb des Kettenblattes zusätzlichen Zug auf die Kette. Das macht vor allem bei der internen Motorübersetzung einen Unterschied und ermöglicht mehr Freiheiten beim Hinterbau-Design.
Der 480 Wh kleine Akku ist zwar entnehmbar, aber nur, wenn man gerade Werkzeug zur Hand hat: Erst müssen zwei Schrauben gelöst werden, dann lässt sich der Akku in Richtung Tretlager aus dem Rahmen „rutschen“. Dafür sollte das Bike am besten auf die Seite gelegt oder auf den Kopf gestellt werden. Vorteil: Der Rahmen bleibt zumindest am Unterrohr schlank und aufgeräumt. Und wem die 480 Wh zu knapp kalkuliert sind, der kann mit dem Overtimepack 2.0 genannten Range Extender satte 314 Wh obendrauf packen und die Reichweite ordentlich erhöhen.
Bei der Systemintegration setzt Rocky Mountain auf Einfachheit: Keine App, kein zusätzlicher Stress – so lautet der Slogan. Die Steuerung läuft über ein integriertes Display im Oberrohr, das alle Einstellungen und vier Fahrmodi von Eco bis zum stärksten Ludicrous Mode bietet. Eine App zusätzlich zur On-Screen-Steuerung wäre zumindest für alle E-Bike-Nerds ein nettes Gimmick. So könnte man selbst entscheiden, ob man per Smartphone an den Einstellungen schrauben möchte. So lässt sich mit der unauffälligen und gut bedienbaren Remote zwischen den vier Fahrmodi (Eco, Trail, Trail+, Ludicrous) und den unterschiedlichen Display-Ansichten wechseln. Die Motorcharakteristik lässt sich – on board – im Boost-Parameter verändern, der regelt, um welchen Faktor, der Pedaldruck verstärkt wird. Außerdem kann die maximale Leistungsabgabe in den einzelnen vier Fahrmodi angepasst werden.
Das neue Rocky Mountain Instinct Powerplay SL 2025 im Detail
Für ein Light-E-Mountainbike ist die Motorintegration beim Rocky Mountain Instinct Powerplay SL gar nicht so unauffällig. Das Unterrohr ist im Profil zwar schlank, aber im Bereich des Motors fällt das Rad deutlich als E-Bike auf: Der Motor sitzt auffällig weit „nach vorn und oben“ verlagert im Rahmen, was zu einem massiven Bereich überm Tretlager führt. Diese Motor-Anordnung ist ein Stück weit auch der Akku-Entnahme geschuldet: Der ist zwar sauber integriert, lässt sich aber auch mit ein paar Handgriffen und passendem Werkzeug in Richtung Tretlager entnehmen. Der Ladeport befindet sich links über dem Tretlager und ist gummiert, so besteht zuverlässig Schutz vor Dreck und Feuchtigkeit.
Die Art der Kraftübertragung des Motors über eine kleine Umlenkrolle begünstigt einen etwas höheren Drehpunkt für den Hinterbau – Rocky Mountain nennt das „Mid-High-Pivot Smoothlink Suspension“. Dank der Kettenumlenkung am Motor soll so der Kettenrückschlag unter Kontrolle bleiben, ähnlich wie bei High-Pivot-Bikes. Ein üppig gummierter und gezahnter Kettenstrebenschutz hält das Bike auch auf ruppigen Trails leise. Die Leitungen sind sauber intern durch den Rahmen verlegt, mit zwei gut geklemmten und verschraubten Cable-Ports auf der linken und rechten Seite. Das sieht nicht nur ordentlich aus, sondern erleichtert auch Wartung und Pflege. Positiv: Am Unterrohr ist Platz für einen Flaschenhalter oder eben den 314 Wh großen Range Extender – beides auf langen Touren praktisch ;). Weitere Anschraubpunkte oder clevere Verstaumöglichkeiten? Fehlanzeige.
Die Ausstattung unseres Rocky Mountain Instinct Powerplay SL Carbon 70 Testbikes
Das Instinct Powerplay SL Carbon 70 liegt in der Mitte der Ausstattungsvarianten der Carbon-Serie und bietet eine solide Mischung aus hochwertigen Komponenten. Der Rahmen bringt 145 mm Federweg am Heck mit, die von einem FOX Float X Performance-Dämpfer kontrolliert werden. Dieser ist in Sachen Compression und Rebound einstellbar und bietet für lange Anstiege einen Climb Switch. An der Front verwaltet die FOX 36 Grip X Performance Elite 150 mm Federweg. Die neue Grip X-Kartusche erlaubt die Einstellung in Sachen Low- und Highspeed-Compression sowie des Rebound und steht der Grip X Factory-Gabel in Sachen Performance nicht nach. Auch die Dropperpost kommt von FOX: Die ebenfalls neue Transfer Performance Elite bietet in der Größe L immerhin 180 mm Hub. Ein wenig mehr, nämlich die möglichen 210 mm, wären hier aber schon wünschenswert – gerade bei größeren Fahrern würde das mehr Bewegungsfreiheit bringen.
Für Gangwechsel und die Verzögerung sorgt SRAM: Die SRAM Code Silver Stealth-Bremsen mit 200-mm-Scheiben vorne und hinten bieten zuverlässige Bremskraft und werkzeuglose Druckpunkt- und Hebelweitenverstellung. Die 200-mm-Bremsscheiben sind für ein E-Bike in der Federwegskategorie ausreichend dimensioniert. Die SRAM GX Eagle Transmission-Schaltgruppe sorgt für butterweiche Schaltvorgänge, selbst wenn der Motor ordentlich Zug auf die Kette gibt.
Rocky Mountain Instinct Powerplay C70
9.700 €
Ausstattung
Motor Dyname S4 Lite 65 Nm
Akku Powerplay Akku 480 Wh
Display Jumbotron
Federgabel FOX 36 Performance Elite Grip X 150 mm
Dämpfer FOX Float X Performance 145 mm
Sattelstütze FOX Transfer Performance Elite 180 mm
Bremsen SRAM CODE Silver Stealth 200/200 mm
Schaltung SRAM GX Eagle AXS Transmission 1x12
Vorbau Rocky Mountain 35 40 mm
Lenker Race Face Turbine 780 mm
Laufradsatz Race Face ARC 30 29"
Reifen MAXXIS Minion DHF MaxxTerra EXO/DHRII MaxxTerra EXO+ 2,5"/2,4"
Technische Daten
Größe XS S M L XL
Gewicht 20,3 kg
Zul. Gesamtgewicht -
Max. Gewicht Fahrer/Equipment n/a
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Die Alu-Laufräder ARC 30 stammen von Race Face. Bereift ist das Testbike mit dem MAXXIS Minion DHF vorne und dem DHR II hinten, jeweils in der härteren MaxxTerra-Gummimischung. Vorne kommt die EXO-Karkasse, hinten die etwas robustere EXO+ Karkasse zum Einsatz – was für flowige Trails vielleicht ausreichend ist, aber auf rauem Terrain wenig Pannenschutz bietet. Spätestens bei abgefahrenen Reifen sollte hier ein Wechsel auf eine robustere Karkasse erfolgen, wie etwa Reifen in der DoubleDown-Variante – wenigstens fürs Hinterrad. Für das Instinct Powerplay SL Carbon 70 werden stolze 9.700 € fällig.
Tuning-Tipp: Sobald die Reifen abgefahren sind, vorn auf Reifen mit weicher MaxxGrip-Gummimischung und hinten auf eine robustere Karkasse wie DoubleDown upgraden.
Die weiteren Modelle des Rocky Mountain Instinct Powerplay SL 2025
Neben unserem Testbike, dem Instinct Powerplay SL Carbon 70, bietet Rocky Mountain noch zwei weitere Carbon-Varianten und drei Alu-Modelle an – alle ausgestattet mit dem neuen Dyname S4 Lite-Motor und einem 480-Wh-Akku. Die Modelle teilen sich die pannenanfälligen MAXXIS Minion DHF und DHR II-Reifen in der EXO- und EXO+ Karkasse, welche – außer beim BC-Modell mit CushCore Tire Inserts – nach Nachbesserung verlangen.
Das Rocky Mountain Instinct Powerplay SL Carbon 90 ist das Topmodell der Instinct Powerplay SL Serie – eine Preisklasse über unserem Testbike, mit einem satten Preissprung auf 12.500 €. Hier kommt das komplette FOX-Fahrwerk samt Dropperpost in der edlen Kashima-Beschichtung daher. Die FOX 36 Grip X2 Factory-Federgabel bietet nochmal ein Fünkchen mehr Trailperformance, allerdings bei etwas Mehrgewicht. Der FOX Float X Factory-Dämpfer bietet zwar die gleichen Einstellmöglichkeiten wie beim Testbike, glänzt aber ebenfalls mit der goldenen Beschichtung. Die FOX Transfer Factory-Dropperpost punktet in Größe L mit stolzen 210 mm Hub. Zudem wird hier das Gewicht durch Race Face ERA Carbon-Laufräder auf 19,5 kg in Größe L gedrückt – was allerdings auch den Preis in die Höhe treibt und in Kombination mit dem EXO+ Hinterreifen die Gefahr auf Totalausfälle erhöht.
Das Rocky Mountain Instinct Powerplay SL Carbon 50 ist die günstigste Option unter den Carbon-Bikes, aber mit 7.700 € noch immer nicht gerade ein Schnäppchen. Die RockShox Lyrik Select-Federgabel bietet 150 mm Federweg und lässt sich mit der günstigen Charger RC-Dämpfungskartusche nur in Low Speed Compression und Rebound einstellen. Hinten sorgt der RockShox Super Deluxe Select+ Dämpfer mit Piggyback für einfache Einstellbarkeit des Rebound und bietet einen Climb-Switch für effiziente Uphills. Eine X-Fusion Manic-Dropperpost mit 170 mm Hub in Größe L soll für Bewegungsfreiheit sorgen. Die WTB KOM Alu-Laufräder halten die Balance zwischen Performance und Preis-Leistung. Wer besonders aufs Budget achten muss, sollte sich allerdings die Alu-Modelle des Powerplay SL genauer ansehen.
Das Rocky Mountain Instinct Powerplay SL Alloy 70 BC Edition stellt eine Ausnahme im neuen Portfolio dar. Die „British Columbia Edition“ – hier ist die Herkunft der Marke Programm! Mit dem robusten Alu-Rahmen und einem Extra an Federweg ist dieses Bike auf toughe kanadische Bedingungen ausgelegt. Die RockShox Lyrik Select+ Federgabel bietet 160 mm Federweg, also 10 mm mehr als die übrigen Modelle, und soll damit perfekt für technische Trails im Mountainbike-County gewappnet sein. Die Select+ Federgabel unterscheidet sich nur durch fehlende Buttercups vom Topmodell Ultimate. Hinten arbeiten 150 mm Federweg, gezähmt vom Super Deluxe Select+ Dämpfer, der etwas mehr Hub hat, als die anderen Modelle. Eine OneUp V3-Dropperpost mit 180 mm Hub (Größe L) bietet zuverlässige Funktion und erfahrungsgemäß niedrige Bedienkräfte. Die Alu-Laufräder Race Face Arc 30 kommen an dem BC-Modell mit CushCore Tire Inserts – da kann man ordentlich Druck rausnehmen und voll vom Traktionsgewinn profitieren. Mit 7.800 € ist die BC Edition nur 100 € teurer als das günstigste Carbon-Modell und deutlich abfahrtsorientierter ausgestattet. Das robuste und gut ausgestattete Alu-E-Bike für gesteigerte Abfahrtsperformance bringt stämmige 22 kg auf die Waage.
Das Rocky Mountain Instinct Powerplay SL Alloy 50 ist die preiswertere Alternative zum günstigsten Carbon-Modell und bietet für 6.500 € eine solide Ausstattung. Die RockShox Lyrik Select-Federgabel mit 150 mm Federweg und der Charger RC-Dämpfungskartusche ist in Compression und Rebound einstellbar, während der RockShox Super Deluxe Select-Dämpfer auf den Climb-Switch der Select+ Variante verzichtet und somit nur noch im Rebound verstellt werden kann. Die X-Fusion Manic-Dropperpost mit 170 mm Hub (Größe L) wurde vom Carbon 50-Modell übernommen, ebenso wie die WTB KOM Alu-Laufräder.
Das Einstiegsmodell der Serie, das Rocky Mountain Instinct Powerplay SL Alloy 30, bietet für 5.500 € alles, was man für einen soliden Trail-E-Bike-Einstieg braucht. Die RockShox Psylo Gold RC-Federgabel mit 150 mm Federweg und der RockShox Deluxe Select+ Dämpfer bilden das Basis-Fahrwerk. Beide Komponenten bieten wenig Verstellmöglichkeiten, ohne Spielereien. Die X-Fusion Manic-Dropperpost bietet auch hier 170 mm Hub (Größe L). Abgerundet wird das Paket durch WTB ST Alu-Felgen, die ein solides Fundament bieten und tubeless-fähig sind. Für den Preis ein vernünftiges Setup, das besonders Einsteigern in der E-MTB-Welt entgegenkommen dürfte.
Die Geometrie des neuen Rocky Mountain Instinct Powerplay SL
Das neue Rocky Mountain Instinct Powerplay SL ist in 5 Größen von XS–XL erhältlich. In Größe XS rollt das Bike komplett auf 27,5”-Laufrädern und hat dafür auch kürzere Kettenstreben – die Akku-Größe bleibt aber im Vergleich zu manch anderen E-Bikes auch in der kleinsten Größe dieselbe. Die restliche Geometrie des neuen Rocky Mountain Instinct Powerplay SL entspricht ungefähr dem, was man als State of the Art im Trailbike-Segment bezeichnen kann. Der Lenkwinkel beträgt in der flachsten Stellung 63,5° und der Sitzwinkel in der gleichen Flip-Chip-Position 76,5°. Der Flip-Chip, den Rocky Mountain hier RIDE-4-System nennt, befindet sich in der Dämpferwippe. Das ermöglicht eine umfangreiche Anpassung der Geometrie und Dämpfungs-Kinematik in vier Positionen. Der Lenkwinkel kann damit zwischen flachen 63,5°, 64° und 64,2° variiert werden, während der Sitzwinkel sich von 76,5° bis 77,2° verändert. Außerdem verhält sich der Dämpfer je nach Position des Flip-Chips mehr oder weniger progressiv – so kann man sich schrittweise an sein Lieblings-Setting rantasten. Der Reach des neuen Instinct Powerplay SL beträgt moderate 475 mm am Größe-L-Bike in der flachsten Flip-Chip-Position. Außerdem hat Rocky Mountain den Dämpfer-Tune größenabhängig angepasst, und zusätzlich wachsen die Kettenstreben mit der Größe mit, um jedem Fahrer eine optimale Fahrwerks-Performance und ein ausbalanciertes Fahrgefühl zu gewährleisten – Top!
Größe | XS | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|---|
Oberrohr | 540 mm | 566 mm | 598 mm | 626 mm | 658 mm |
Sattelrohr | 355 mm | 365 mm | 410 mm | 440 mm | 470 mm |
Steuerrohr | 105 mm | 105 mm | 110 mm | 125 mm | 135 mm |
Lenkwinkel | 64° | 64° | 64° | 64° | 64° |
Sitzwinkel | 77° | 77,5° | 77° | 77° | 77° |
Kettenstrebe | 430 mm | 440 mm | 440 mm | 450 mm | 450 mm |
Tretlagerabsenkung | 17 mm | 32 mm | 32 mm | 32 mm | 32 mm |
Radstand | 1.154 mm | 1.203 mm | 1.230 mm | 1.272 mm | 1.306 mm |
Reach | 405 mm | 430 mm | 455 mm | 480 mm | 510 mm |
Stack | 586 mm | 614 mm | 618 mm | 632 mm | 641 mm |
Das neue Rocky Mountain Instinct Powerplay SL 2025 im Test
Startet man auf dem neuen Rocky Mountain Instinct Powerplay SL in den Uphill, erweist sich die Sitzposition auf dem Mid-Support-Bike als angenehm und ausgewogen. Man sitzt nicht zu frontlastig, was den Druck von den Händen nimmt, aber immer noch ausreichend weit vorn, um bei steilen Anstiegen nicht automatisch im Wheelie zu fahren. Die Gewichtsverteilung verspricht also schon mal eine gute Balance in steilen und technischen Uphills. Und auch der Motor kann hier abliefern: Die Kraftentfaltung ist fließend und natürlich, ohne krasse Leistungsspitzen. Der Support folgt dem Pedaldruck auf den Punkt und liegt schon bei sehr niedrigen Kadenzen an. Der Motor schiebt konstant und unablässig den Berg rauf, wie ein Unimog mit Allrad, während er auf der Ebene und bei höheren Geschwindigkeiten etwas Schubkraft vermissen lässt. So erreicht man die maximale Power des Motors recht schnell und fühlt sich eher bei gemäßigter Fahrweise kraftvoll unterstützt. Wenn man aber einen sehr kraftvollen Antritt provoziert, oder die Kadenz weiter erhöht, kommt kein übermäßiges Schub-Gefühl auf – wie etwa bei einem Bosch SX-Motor –, dafür bleibt die Unterstützung auch in hohen Drehzahlen erhalten.
Beim Fahren spürt man unter Motorlast ein leichtes Vibrieren in der Kette, verursacht durch das kleine zusätzliche Antriebsritzel, das die Kraft des Motors auf die Kette überträgt. Das führt zu einem gefühlt rauen Lauf im Antriebsstrang. Dennoch ist der Support konstant und liefert auf Uphill-Passagen eine solide Unterstützung. Der Dyname S4 Lite fühlt sich etwa wie eine Zwischenstufe aus FAZUA- und Bosch SX-Motor an – wobei ihm zum letzteren der zusätzliche Leistungsschub bei hohen Kadenzen fehlt. Diese Peak Power wird schon früher erreicht und lang aufrechterhalten. Will man mit dem Instinct Powerplay SL sehr technische Uphills in Angriff nehmen, wird es kniffliger: Der Motor hat kaum spürbaren Nachlauf, das heißt, er schiebt nicht lang genug nach, sobald man aufhört zu treten. Auf Forstwegen und gleichmäßig steilen Uphills ohne technische Stufen hingegen reicht der Support völlig aus und sorgt für ein sportliches Fahrgefühl, bei dem man immer noch ein bisschen „mitarbeiten“ muss, um flott unterwegs zu sein.
Hat man den Gipfel erreicht und startet in Richtung Tal, fühlt man sich auf dem Bike schnell wohl und gut integriert. Das Rocky Mountain Instinct Powerplay SL bietet einen tiefen Stand, der durch das RIDE-4-System noch angepasst werden kann. In Position 3 (neutral) zeigt sich das Powerplay SL agil und wendig. Hindernisse lassen sich leicht umkurven, und man kann auf dem Bike Haken schlagen wie ein Feldhase auf der Flucht. Enge Turns, Kehren oder vor Felsbrocken ausweichen? Kein Problem. Die eher tiefe Front garantiert stets ausreichend Druck auf dem Vorderrad und verhindert unerwartetes Untersteuern.
Aber auch auf rauen Abfahrten kann sich das Fahrwerk behaupten: Ein ausgewogener Mix aus Traktion und Pop sorgt dafür, dass das Bike einerseits feinfühlig anspricht und ordentlich Grip auf rauem Untergrund bietet, andererseits aber auch bei Bedarf leicht abgezogen werden kann. Man klebt nicht am Boden, sondern kann schon an kleinen Kanten gut Airtime sammeln. Gegen Ende des Federwegs bietet das Instinct Powerplay SL genug Gegenhalt, um verpatzte Landungen oder harte Kompressionen gut wegzustecken – hier braucht man keine Sorge vor harten Durchschlägen haben. Für die gebotenen 145 mm Federweg steckt das Bike erstaunlich viel weg.
Für wen ist das neue Rocky Mountain Instinct Powerplay SL 2025 das richtige E-Bike?
Das neue Rocky Mountain Instinct Powerplay SL spricht eine sportliche Sprache. Bergauf schiebt der neue Dyname S4 Lite-Motor schon bei geringen Kadenzen gleichmäßig kraftvoll an. Um sich auf moderaten Anstiegen shutteln zu lassen, gibt es aber stärkere Motoren. Der Lohn für die Mühe bergauf ist dann eine starke Abfahrtsperformance. Bergab fühlt sich das Instinct Powerplay SL nämlich – trotz hohem Gewicht – kaum wie ein E-Bike an. Das Bike ist agil und straff, gleichzeitig baut es viel Traktion auf und lässt sich schnell fahren, ohne schwerfällig zu wirken. Für alle, die noch „mehr” Bike für weniger Geld suchen, ist die British Columbia Edition einen Blick wert.
Das Fazit zum neuen Rocky Mountain Instinct Powerplay SL 2025
Das neue Rocky Mountain Instinct Powerplay SL ist ein sportliches E-Mountainbike, das perfekt zur Marken-DNA der Kanadier passt. Der Motor zeigt bergauf bereits bei niedriger Drehzahl viel Power, nach oben geht ihm dann aber etwas die Puste aus – trotz hoher Werte auf dem Papier. Dafür überzeugt das Bike bergab mit einem fein abgestimmten Fahrwerk und richtet sich damit an sportliche Fahrer, die bereit sind, bergauf mitzuhelfen, um bergab das volle Potenzial des Bikes auszuschöpfen.
Tops
- gut abgestimmtes Fahrwerk
- Motor mit viel Power bei niedriger Drehzahl
- simple, aber vielseitige Geometrie-Anpassung durch RIDE 4
Flops
- klobige Motorintegration
- Motor mit moderater Spitzenleistung
Mehr Infos unter bikes.com
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Words: Julian Schwede Photos: Peter Walker