Wir haben 9 Light-E-MTBs über Stock und Stein gescheucht und einem gnadenlosen Test unterzogen. Was müsst ihr vor dem Kauf unbedingt wissen? Und haben Light-E-MTBs überhaupt eine Zukunft? Wir haben 6 spannende Erkenntnisse aus unserem Light-E-MTB Vergleichstest für euch gesammelt!

Light-E-MTBs sind der Trend der letzten Jahre. Mittlerweile ist die Vielfalt an verschiedenen E-MTB- und Motorenkonzepten zwar beeindruckend, gleichzeitig aber auch verwirrend. Genau deshalb haben wir 9 spannende Light-E-MTBs mit unterschiedlichen Konzepten einem knallharten Vergleichstest unterzogen. So haben wir im Paganella Bikepark in Trentino nicht nur das beste Light-E-MTB 2024 gefunden, sondern auch überraschende Erkenntnisse gewonnen. Spoiler: Light-E-MTBs sind zwar bald Geschichte, aber die neue Generation an leichten E-MTBs wird geiler, spaßiger und potenter denn je! Doch es gibt auch Gefahren, die nicht zu unterschätzen sind.

Light-E-MTBs sind tot – Lang leben die leichten E-MTBs

Light-E-MTBs mit schwachem Motor und kleinem Akku bekommen durch die neueste Generation an Full-Power-E-MTBs immer mehr Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Denn die starken Full-Power-Motoren werden immer kleiner, leichter und effizienter – ebenso die Akkus. Das ermöglicht, leichtere Full-Power-E-MTBs zu konstruieren. Zum Beispiel wiegt das Orbea Rise mit dem kraftvollen Shimano EP801-Motor mit 85 Nm Drehmoment und einem 420-Wh-Akku nur 19,3 kg, während das SCOTT Voltage mit dem kleineren TQ-HPR50-Motor mit 50 Nm und einem 360-Wh-Akku mit einem Gewicht von 19,14 kg nur minimal leichter ist.

Ein großer Nachteil der Light-E-MTBs mit Light-Support ist, dass sie meist nur in der teuren Top-Ausstattungsvariante wirklich leicht sind. Greift man weiter unten ins Regal und wählt eine günstigere Ausstattungsvariante, landet man durch weniger gewichtsoptimierte Komponenten, wie z. B. Alu-Laufräder oder Alu-Cockpits, schnell wieder bei über 21 kg oder mehr. Dennoch gilt: Gewicht ist wichtig, aber nicht alles. Vielmehr sind die richtige Gewichtsverteilung und die passende Fahrwerksabstimmung von Bedeutung. Ganz nach unserem Motto: Das richtige Gesamtkonzept ist entscheidend, nicht einzelne Highlights der Ausstattung.

Auch preislich werden die Light-E-MTBs immer weiter in die Ecke gedrängt. Durch deutlich größere Stückzahlen in der Motoren- und Akkuherstellung und riesige Abnahmemengen der Bike-Hersteller sind die Entwicklungs- und Herstellungskosten – und damit natürlich auch der Verkaufspreis – von Full-Power-E-MTBs deutlich niedriger. Trotz dem Trend der Light-E-MTBs kommen sie nicht an die hohen Stückzahlen von Full-Power-E-MTBs ran.

Ein gutes Servicenetzwerk ist wichtiger denn je!

Die Vielfalt an E-MTB- und Motorenkonzepten ist beeindruckend, aber die hohe Entwicklungsgeschwindigkeit führt dazu, dass auch unausgereifte Produkte auf den Markt kommen. Der Kauf neuer E-Bike-Motoren kann daher mit gewissen Unsicherheiten verbunden sein. Ein Beispiel hierfür ist das FAZUA Ride 60-Motorsystem, das seit seinem Launch 2022 mit Problemen zu kämpfen hat. Zwar hat das letzte Softwareupdate viele dieser Probleme behoben, dennoch können wir das System und damit auch die Bikes, in denen es steckt, nicht uneingeschränkt empfehlen. Und das, obwohl z. B. das YT DECOY SN oder das Santa Cruz Heckler SL in unserem Vergleichstest auf dem Trail eine krasse Performance gezeigt haben. Ein entscheidender Faktor beim Kauf ist, auf ein zuverlässiges Motorsystem mit einem großen und funktionierenden Servicenetzwerk zu setzen. Das neueste Motorsystem nützt wenig, wenn man nicht schnell und unkompliziert an Ersatzteile kommt. Je größer und verbreiteter ein Motorenhersteller ist, desto größer sind die Chancen, zuhause oder auch unterwegs bei Problemen Hilfe zu bekommen.

Performance schlägt Benutzerfreundlichkeit

Alle Bikes im Test verfügen über fest integrierte Akkus. Während in unserem großen E-MTB-Vergleichstest viele Modelle noch entnehmbare Akkus haben, geht der Trend bei leichten E-MTBs zu fest verbauten Akkus – egal ob Full-Power oder mit Light-System.

Fest verbaute Akkus ermöglichen ein schlankeres Design und können nahtlos in den Rahmen integriert werden. Diese Bauweise erlaubt es den Entwicklern, den Akku optimal im Rahmen zu platzieren, was der Gewichtsverteilung zugutekommt. Hingegen stellt der Ausschnitt, aus dem ein entnehmbarer Akku herausgezogen wird, die Entwickler immer wieder vor Herausforderungen. Durch den fest verbauten Akku wird die Rahmensteifigkeit erhöht und Entwickler müssen sich keine Gedanken über komplizierte Akkuhalterungen und Cover machen, was die Fehleranfälligkeit und den Aufwand bei der Entwicklung reduziert.

Natürlich hat diese Bauweise nicht nur Vorteile. Denn während die fest verbauten Akkus den Herstellern das Design erleichtern, verbleiben beim Nutzer doch noch ein paar Nachteile. Denn um das Bike zu laden, benötigt ihr eine Steckdose am Ladeplatz oder ihr müsst das Bike in die Wohnung schleppen. Der Austausch bei einem Defekt gestaltet sich ebenfalls schwieriger.

Weniger ist mehr – Connectivity an Light-E-MTBs

Vier der neun Bikes im Test verzichten komplett auf ein Display und der Großteil setzt auf kleine, minimalistische Lösungen, die lediglich die nötigsten Fahrinfos wie Akkustand und Unterstützungsstufe anzeigen. Dieser Ansatz zeigt, dass der Fokus klar auf Minimalismus und Performance liegt. Wer mehr möchte, kann über die Apps des jeweiligen Motorsystems zusätzliche Connectivity-Features nutzen, wie z. B. die Datenanalyse nach der Fahrt, die Anpassung der Fahrmodi oder eine Navigationsfunktion.

Specialized zeigt jedoch mit dem Turbo Levo SL, dass ein hohes Maß an Connectivity und eine schicke unauffällige Integration des Motorsystems an Light-E-MTBs sich nicht ausschließen müssen. Das Display am Turbo Levo SL ist fast nahtlos im Oberrohr integriert und bietet trotz der vielen Informationen eine übersichtliche Benutzeroberfläche. Auch TQ geht hier einen ähnlichen Weg und ermöglicht am SCOTT Voltage eine super cleane Integration des gesamten Motorsystems. Auf der anderen Seite steht das Mondraker Dune RR, das mit dem größten Display im Test ausgestattet ist: Das Bosch Kiox 500-Display passt nicht ganz zur sportlichen Ausrichtung des E-MTBs und ist exponiert vor dem Vorbau angebracht. Bei einem Sturz leidet es womöglich als erstes.

Carbon vs. Alu an Light-E-MTBs

Während im großen E-MTB-Vergleichstest einige Full-Power-E-MTBs noch mit Alu-Rahmen angetreten sind, setzen im Light-E-MTB-Vergleichstest alle Hersteller auf Carbon. Light-E-MTBs mit Alurahmen gibt es quasi nicht – man geht ja auch nicht mit der Ritterrüstung zum Ballet. Spaß beiseite, der erste Grund liegt auf der Hand: Carbon ist leichter als Aluminium, was ein geringeres Gesamtgewicht bei gleicher Steifigkeit ermöglicht. Jedoch muss man beachten, dass der Carbonrahmen nur ein Teil des Gesamtsystems ist. Das Motorsystem und die restlichen Komponenten beeinflussen das Gewicht des Bikes mindestens genauso stark. In Sachen Design und Integration bietet Carbon ebenfalls mehr Freiraum. Das gibt den Bike-Designern viele Freiheiten und ermöglicht ihnen, komplexere Rahmenformen zu entwerfen. So sind Bikes wie das SCOTT Voltage eRIDE mit integriertem Dämpfer und cleanem, futuristischem Look realisierbar. Natürlich hat Carbon auch Nachteile, wie die höheren Herstellungskosten und die schwierigeren Reparaturmöglichkeiten bei einem Defekt. Wer tiefer in das Thema eintauchen möchte, sollte sich den Mythos-Carbon-Artikel von unserem Schwestermagazin ENDURO genauer anschauen.

Unser Fazit nach dem Light-E-MTB-Test 2024

Light-E-MTBs haben in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht und die E-MTB-Entwicklung maßgeblich vorangetrieben. Doch leider sind manche Motorsysteme immer noch fehlerbehaftet und ein gutes Servicenetzwerk ist weiterhin unabdingbar. Außerdem wächst die Konkurrenz durch leichtere Full-Power-E-MTBs stetig und so drohen den E-MTBs mit Light-Support das Ende. Das heißt aber nicht, dass es keine leichten E-MTBs mehr geben wird. Im Gegenteil: Die Zukunft verspricht noch leichtere E-Mountainbikes, die zudem nicht in ihrer Motorpower limitiert sind.


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Words: Mike Hunger Photos: Mike Hunger, Peter Walker

Über den Autor

Mike Hunger

Von Slopestyle und Landschaftsfotografie, hin zu Enduro und Actionfotografie. Mike probiert gerne neue Dinge aus und hat eine Vorliebe für Action. Und Handwerk: So zieht es ihn mit seinem Syncro-Van, den er selbst restauriert und umgebaut hat, regelmäßig auf verschiedenste Roadtrips. Natürlich immer mit dabei ist sein Bike und seine Kamera, um die feinsten Trails von Italien bis in die Alpen unter die Stollen zu nehmen und die schönsten Momente festzuhalten. Durch seine Ausbildung als Industriemechaniker, seiner Erfahrung aus dem Radsport und seinen Foto-Skills kann er das Know-How perfekt in den journalistischen Alltag umsetzen und testet jetzt als Redakteur die neuesten Bikes und Parts. Als “Foto-Nerd” hält er außerdem die Tests fotografisch fest und sorgt im Magazin für geiles Bildmaterial.